05.11.2013 Aufrufe

relatif No. 01 - AStA

relatif No. 01 - AStA

relatif No. 01 - AStA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nr. 1<br />

Ausgabe 1 – dezember 2007<br />

Seite 4<br />

Seite 13<br />

Seite 24<br />

Seite 30<br />

Seite 38<br />

Seite 20<br />

Impressionen von der<br />

ersti-rallye<br />

Im ultimativen Test:<br />

die aachener mensen<br />

Lebenslauf aufwerten<br />

pimp my vita<br />

Ausbildung beim<br />

hochschulradio<br />

Praktikum im Ausland<br />

zu gast IN INDIEN<br />

Gewinne!<br />

Eine Hochschule in Bewegung<br />

Quo Vadis, RWTH?


Ausgabe 1 – dezember 2007<br />

index<br />

S. 43<br />

Campus<br />

S. 34<br />

S. 20<br />

S. 35<br />

S. 28<br />

S. 30<br />

4<br />

6<br />

7<br />

8<br />

11<br />

12<br />

13<br />

16<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

Ersti-Rallye<br />

Meine erste Vorlesung<br />

Quo Vadis, RWTH?<br />

Nachgehakt: beim Rektor<br />

Interview: Jürgen Linden<br />

Gut beraten<br />

Marcos Mensatest<br />

»Hast du mit Steinbrück<br />

telefoniert?«<br />

Lauter pfeifen<br />

Nach der Kirche in die Bib<br />

T-Shirt des Monats<br />

Ingenieure braucht das Land<br />

Karriere<br />

S. 13<br />

S. 24<br />

tout est <strong>relatif</strong> …<br />

Die RWTH ist exzellent, und wir sind es auch.<br />

Zumindest ‚<strong>relatif</strong> exzellent‘ – das neue Campus-<br />

Magazin von Aachener Studenten für Aachener Studenten.<br />

Zwischen dem Einheitsbrei der überregionalen<br />

Hefte wollen wir Euch mit Geschichten aus Eurer<br />

Umgebung unterhalten und informieren.<br />

Nach drei Monaten der intensiven Vorbereitung glauben<br />

wir – Eure Vertreter im <strong>AStA</strong> – auf Augenhöhe<br />

mit der Konkurrenz zu stehen und wollen für Euch<br />

ab jetzt zweimonatlich erscheinen. Selbstverständlich<br />

sind wir immer für Eure Fragen, Ideen und Hinweise<br />

dankbar. Auch wenn Ihr mitarbeiten wollt, freut uns<br />

das sehr. Schreibt einfach eine E-Mail an:<br />

info@<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de.<br />

22<br />

23<br />

24<br />

26<br />

27<br />

28<br />

30<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

38<br />

40<br />

42<br />

43<br />

44<br />

46<br />

46<br />

Nicht verzagen, Studis fragen<br />

becoming: Lobbyist<br />

Pimp my Vita<br />

Der Lückenfüller<br />

Ehrgeiz und ein Quäntchen Glück<br />

Von Harry Potter gelernt<br />

Mach es dir doch selbst!<br />

Die Gefühlsvermittlerin<br />

Rätsel<br />

Leben<br />

<strong>relatif</strong> kreativ: Geschenke<br />

Jungs fragen, Mädels antworten<br />

Probieren über Studieren<br />

weit weit weg:<br />

Händchen halten verboten<br />

Kultur-Veranstaltungen<br />

Weihnachten am Schwarzen Meer<br />

Route Charlemagne<br />

Hochschulsport im Test<br />

Freizeit-Tipp<br />

Impressum<br />

Viel Spaß beim Lesen!<br />

Eure<br />

<strong>relatif</strong>-Redaktion<br />

<strong>relatif</strong> – 3


Ersti-Rallye<br />

Aachen im Ausnahmezustand<br />

Polonaise, Bauklötze und Negerkuss-Werfen…<br />

Nein, die Rede ist nicht von einem Kinderfest. Denn<br />

die Tanzenden sind nackt, die Bauklötze sind Bierkästen<br />

und die Negerküsse werden in Einkaufswägen<br />

sitzend aufgefangen. Richtig, es geht um die<br />

Ersti-Rallye. Wie jedes Jahr zogen am Dienstag in<br />

der Einführungswoche tausende Erstis in Gruppen<br />

durch Aachen. Die Fachschaften hatten sich wie<br />

immer abwechslungsreiche Aufgaben einfallen lassen<br />

– vom traditionellen Tauschspiel bis hin zu<br />

Flunkyball, dem Trend-Trinkspiel.<br />

Leider häuften sich in diesem Jahr auch die Beschwerden<br />

der Anwohner und Einzelhändler, die<br />

keine Lust hatten, auch noch den 34. Apfel einzutauschen.<br />

Im Anschluss an die Rallye einigten sich<br />

der <strong>AStA</strong>, die Fachschaften und das Rektorat der<br />

RWTH darauf, im kommenden Jahr für einen etwas<br />

ruhigeren Verlauf der Rallye sorgen zu wollen.<br />

Dafür könnte eventuell der Mittwochvormittag<br />

wieder vorlesungsfrei gestellt werden.<br />

Kuli gegen Wunschkonzert<br />

»Mikro, wir brauchen ein Mikro!«<br />

Ein Ruf aus der Menge. Dicht gedrängt sitzt Ersti neben<br />

Ersti neben Ersti. Meine Rallye-Gruppe wartet auf<br />

die letzte Aufgabe: unsinnige Präsentation, selbstsicheres<br />

Auftreten. Eine Gruppe ist noch vor uns dran.<br />

In Gedanken der Tag: Sonnenschein, Bollerwagen,<br />

neue Gesichter. Erstis laufen und schwitzen, Fachschafter<br />

lachen. Bier um Bier um Bier. Schneller und<br />

schneller, mehr und mehr. Bauingenieure klettern,<br />

Maschinenbauer werfen mit Eiern, Chemiker ziehen<br />

sich aus.<br />

Die andere Gruppe präsentiert ihre Tauschware: Hansi,<br />

ein Straßenmusiker. Kuli gegen Wunschkonzert. Ich<br />

sitze auf dem Sofa, kann Hansi nicht sehen. Lautes<br />

Murmeln. Dann legt er los: »And here’s to you, Mrs.<br />

Robinson.«<br />

Ein Schluck für mich, zwanzig Liter in die Einkaufstüten.<br />

Über die Hände, über die Kleidung. Wasser,<br />

Wasser, Schwefelwasser. Nur die Brunnengöttin steht<br />

heute im Trockenen. Plakate mal anders: Kleister,<br />

Kleister, Kleister. Weiß auf Schwarz auf Wand. In der<br />

Unterführung.<br />

»Heaven holds a place for those who pray, hey, hey, hey.«<br />

Alle fremd, alle singen. Ein rotes Gesicht in der Menge.<br />

Mimik. Inbrunst. Hansi! Der letzte Akkord klingt<br />

ab, der Beifall bleibt. Mitreißend. Hansi ist weg, die<br />

Berührungsängste auch. Wir sind eine Fachschaft,<br />

alle Philosophen. Oder so ähnlich. Konzert gegen<br />

Kugelschreiber – das Geschäft ist abgewickelt. Wir<br />

müssen auf die Bühne.<br />

Text: Franziska Barnieske<br />

4 – Campus – <strong>relatif</strong>


»…von hinten an die Schulter…« – Polonaise auf dem Markt<br />

‚Am besten erkundet man eine Stadt von oben‘ – dachten<br />

sich wohl diese Jungs<br />

Alles, was zu einem gelungenen Einkauf gehört: Bier<br />

Langes Teil – diese Kleiderkette<br />

hatte es wirklich in sich<br />

Yeahar… Bullenreiten als neue Herausforderung<br />

für beherzte Erstsemester<br />

Alle Zeichen standen eindeutig<br />

auf Party


umfrage<br />

meine Erste vorlesung war …<br />

Bernd, 19 Jahre<br />

Wirt.-Ing. Maschinenbau<br />

… halb so wild! Der Hörsaal war<br />

extrem überfüllt, doch die Stimmung<br />

blieb überraschend locker.<br />

Wichtigstes Thema der Veranstaltung<br />

waren wohl die Infos zum<br />

Skript. Das Tempo war etwas<br />

enttäuschend, wenn auch nicht mit<br />

einer Schulstunde zu vergleichen.<br />

Felix, 21 Jahre<br />

Wirt-Ing. Maschinenbau<br />

… viel zu voll: 1300 Studenten in<br />

einem 1100-Sitze-Hörsaal. Trotzdem<br />

war die Atmosphäre sehr<br />

entspannt. Der Prof legte uns nahe,<br />

aufgrund der Überfüllung nicht<br />

zu den Vorlesungen zu kommen.<br />

Aber nicht mit mir – das Thema ist<br />

viel zu interessant. Da kann man<br />

schon mal auf der Treppe sitzen.<br />

Tatjana, 20 Jahre<br />

Humanmedizin<br />

… wirklich locker. Ich hatte mit<br />

steifen, geradlinigen Profs gerechnet.<br />

Aber sie waren alle sehr<br />

sympathisch. Dank der Tutoren<br />

und der guten Organisation der<br />

ersten Tage fühle mich hier schon<br />

sehr wohl.<br />

Sebastian, 19 Jahre<br />

Wirt-Ing. Maschinenbau<br />

… so wie ich es mir vorgestellt hatte:<br />

viele Menschen, Lärm und ein<br />

Prof mit Redeschwall. Schwierigen<br />

Inhalt gab’s nicht, dafür alles in<br />

hohem Tempo. Hoffentlich habe<br />

ich bei den neuen Themen keine<br />

zu großen Probleme.<br />

Julia, 20 Jahre<br />

Lehramt – Germanistik, Geschichte<br />

… gut! Der Prof erzählte zwar die<br />

ganze Zeit, wirkte aber nicht so unantastbar,<br />

wie ich befürchtet hatte.<br />

Im Gegenteil, es war teilweise<br />

richtig lustig. Auch die Visualisierung<br />

per Powerpoint finde ich<br />

super. Es ist zwar alles noch etwas<br />

ungewohnt, aber ich freue mich<br />

auf die kommende Zeit.<br />

Vanessa, 20 Jahre<br />

Literaturwissenschaft, Geschichte<br />

… besser, als ich gedacht hätte.<br />

Der Prof konnte mich sofort für<br />

das Thema gewinnen. Ich bin<br />

schlichtweg begeistert – hoffentlich<br />

hält dieses Gefühl noch lange an.<br />

Umfrage und Fotos: Franziska Barnieske<br />

6 – Campus – <strong>relatif</strong>


quo Vadis, RWTH?<br />

Oft werden die deutschen Hochschulen mit dem<br />

Vorwurf konfrontiert, in einem Elfenbeinturm zu<br />

forschen. Doch nach verstaubten Büchern im stillen<br />

Kämmerlein sucht man an der RWTH im Moment<br />

vergebens. Hochschulfreiheit, Studiengebühren, Exzellenzinitiative<br />

und Bauvorhaben noch und nöcher<br />

– die Hochschule ist in Aufbruchstimmung. Und anscheinend<br />

nimmt sie dabei alle mit: die Verwaltung,<br />

die Industrie, die Stadt – und sogar die Studenten.<br />

im zweiten anlauf Exzellent…<br />

»Es wäre eine Katastrophe gewesen für unser nationales<br />

und internationales Ansehen, wenn wir jetzt<br />

nicht erfolgreich gewesen wären.« So antwortet Burkhard<br />

Rauhut, Rektor der RWTH, auf die Frage nach<br />

der Bedeutung der Exzellenzinitiative. Neben acht<br />

weiteren Hochschulen gehört die RWTH seit Oktober<br />

zum auserwählten Kreis deutscher Elite-Universitäten.<br />

Das bedeutet: Neben der Auszeichnung und<br />

dem gewonnenen Prestige fließt vor allem Geld –<br />

57Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren,<br />

die ausschließlich der Forschung zugute kommen.<br />

»Das sind zwar nur 85 Prozent der beantragten Mittel.<br />

Trotzdem werden wir unser Konzept nahezu vollständig<br />

umsetzen können«, sagt Olaf Gockel vom Planungsdezernat<br />

der RWTH. »Wir gehen halt mit etwas<br />

reduzierter Schlagkraft zu Werke«, ergänzt Thomas<br />

Trännapp, der im Planungsdezernat die Abteilung für<br />

Struktur und Forschung leitet.<br />

»RWTH 2020 – Meeting Global Challenges«, so lautet<br />

der Titel des Konzepts, das in den kommenden Jahren<br />

umgesetzt werden soll. Im Mittelpunkt steht der Wandel<br />

der RWTH zu einer integrierten interdisziplinären<br />

technischen Hochschule. Integriert heißt: Alle Bereiche<br />

werden auf die Stärke der Hochschule ausgerichtet<br />

– die Ingenieurwissenschaften. »Es muss immer die<br />

Frage gestellt werden: Was passt am besten zu uns in<br />

Aachen?«, sagt Thomas Trännapp. »Wir müssen unser<br />

Profil schärfen und uns intern besser vernetzen.« So<br />

könne sich etwa eine philosophische Fakultät entwickeln,<br />

die in dieser Form nur in Aachen möglich ist.<br />

Die einzelnen Maßnahmen, die das Projekt vorsieht,<br />

sind schon bis ins kleinste Detail geplant (mehr auf<br />

Seite 10). Trännapp: »Wir haben für alles eine ganz<br />

genaue Kostenaufstellung eingereicht, da haben wir<br />

uns seit dem ersten Versuch stark verbessert.« Mit<br />

dem ersten Konzept »Von der Idee bis zum Produkt«<br />

war die RWTH 2006 gescheitert – beim zweiten Anlauf<br />

hat man deshalb einiges anders gemacht. »Wir haben<br />

diesmal alle Fakultäten an einen Tisch geholt, das Konzept<br />

ist in Workshops und Teamarbeit entstanden«, erzählt<br />

Olaf Gockel. »Und wir haben alle Gruppen an der<br />

RWTH beteiligt, auch die Studierenden.«<br />

Auch Studis profitieren…<br />

Zum Beispiel Anna Nelles: Die 23-Jährige sitzt für die<br />

Studierenden im Senat der RWTH und war an den


Vier Fragen an den Rektor der RWTH,<br />

Burkhard Rauhut<br />

<strong>relatif</strong>: Auch wenn die RWTH in Deutschland zur<br />

Elite zählt – den europäischen und internationalen<br />

Spitzenuniversitäten wird sie auch in Zukunft nicht<br />

Paroli bieten können, oder?<br />

Rauhut: Im Gegenteil: Schon jetzt können wir den<br />

internationalen Spitzenuniversitäten Paroli bieten,<br />

was ja auch durch Zusammenschlüsse wie die IDEA<br />

League (mit TU Delft, ETH Zürich, Imperial College<br />

London und Paristech) demonstriert ist, nur werden<br />

wir jetzt sichtbarer dabei sein.<br />

<strong>relatif</strong>: Welchen Gewinn haben eigentlich die Studenten<br />

von der Auszeichnung für ihre Hochschule?<br />

Rauhut: Für die Studenten sind zwei Aspekte wichtig:<br />

Da die Exzellenzinitiative sich auf die Forschung<br />

bezog, wird ein Gewinn indirekt über die Forschung<br />

für die Lehre erwartet, da bei besserer Forschungsmöglichkeit<br />

die Ergebnisse auch früher und besser<br />

in die Lehre einfließen. Zum anderen wird von der<br />

Wirtschaft sehr genau registriert, wer in der Exzellenzinitiative<br />

erfolgreich war, was sich auf die Attraktivität<br />

für die Studenten auswirkt.<br />

<strong>relatif</strong>: Bedeutet die oft erwähnte Profilschärfung<br />

der Unis für Aachen nicht eine weitere Abschwächung<br />

der Geisteswissenschaften?<br />

Rauhut: Wenn Technik entwickelt wird und naturwissenschaftliche<br />

Forschung in Zukunft relevante<br />

Ergebnisse bringen soll, müssen diese Forschungen<br />

dringend von den Geisteswissenschaften begleitet<br />

werden. Insofern werden die Geisteswissenschaften<br />

nicht geschwächt, sondern ihr Profil ebenfalls gestärkt.<br />

<strong>relatif</strong>: Auf dem Papier ist die RWTH nun exzellent<br />

– im Detail, gerade beim Service, erleben die Studenten<br />

oft das Gegenteil: Wo bleiben etwa die 24-<br />

Stunden-Bibliothek oder die Uni-Card?<br />

Rauhut: Die Exzellenzinitiative hatte im Wesentlichen<br />

die Forschung im Auge. Insofern werden wir<br />

den Service durch andere Mittel verbessern müssen,<br />

insbesondere auch durch die Studienbeiträge. Die<br />

24-Stunden-Bibliothek halte ich persönlich in der<br />

Zeit etwa von 24 bis 6 Uhr morgens als nicht zielführend,<br />

allerdings sind die Zeiten deutlich ausgeweitet<br />

worden und werden weiter ausgeweitet. Bezüglich<br />

der Uni-Card gibt es noch Abstimmungsbedarf, der<br />

in der nächsten Zeit erfolgen wird.<br />

Planungen zur Exzellenzinitiative beteiligt: »Die Hochschule<br />

ist zwar spät auf uns zugekommen, dann konnten<br />

wir unsere Ideen und Vorstellungen aber einbringen.«<br />

Um das Konzept habe es unter den beteiligten<br />

Professoren einige Male Zoff gegeben – am Ende sei<br />

man aber immer auf einen Nenner gekommen.<br />

Eine Sorge vieler Studenten ist, dass sich die Exzellenzinitiative<br />

nur auf die Forschung positiv auswirke,<br />

die Lehre jedoch einmal mehr vernachlässigt werde.<br />

So schwarz sehen ihre gewählten Vertreter das aber<br />

nicht: »Viel Geld aus der Exzellenzinitiative wird in<br />

Strukturen und Personal fließen«, sagt Anna Nelles.<br />

»Wenn die Dozenten dadurch wieder mehr Zeit für die<br />

Lehre haben, profitieren letztlich auch die Studenten.«<br />

Und <strong>AStA</strong>-Vorsitzender Jan Siegel fügt hinzu: »Im Zukunftskonzept<br />

der Hochschule sind auch ein paar<br />

Punkte, von denen die Studenten direkt profitieren,<br />

etwa neue Forschungsdarlehen und Promotionsprojekte.«<br />

Außerdem sei die Wirkung des Elite-Status auf<br />

dem Arbeitsmarkt nicht zu unterschätzen.<br />

Bunte bauten überall…<br />

Auch Thomas Trännapp vom Planungsdezernat wird<br />

oft mit dem Vorwurf konfrontiert, die Lehre komme<br />

bei den Planungen der RWTH zu kurz: »Ich kann ja<br />

nachvollziehen, wenn ein Student sich über den Titel<br />

Elite-Uni wundert, wenn er in einem überfüllten Seminarraum<br />

sitzt und die Toiletten defekt sind.« Doch man<br />

müsse nur die Augen aufmachen, um zu sehen, dass<br />

Zentrum der Exzellenz – das RWTH-Hauptgebäude<br />

8 – Campus – <strong>relatif</strong>


sich momentan einiges an der RWTH bewegt: »Mit<br />

dem Mogam und dem Semi90 haben wir gerade erst<br />

zwei neue Gebäude eingeweiht, das Super C befindet<br />

sich im Bau und auch in der Hochschulbibliothek tut<br />

sich einiges – alles Dinge, um den Service für die Studenten<br />

zu verbessern.« Die vielen Bauprojekte haben<br />

aber nichts mit der Exzellenzinitiative zu tun, sondern<br />

wurden durch Mittel aus Studiengebühren und aus<br />

dem Hochschulpakt möglich. Dennoch besteht weiterhin<br />

Nachholbedarf in vielen Punkten: So beziffert<br />

Rektor Burkhard Rauhut allein den Renovierungsbedarf<br />

der RWTH auf mehrere 100 Millionen Euro. »Gerade<br />

in Zeiten von Studiengebühren muss an dieser<br />

Stelle die Landesregierung ihrer Pflicht nachkommen«,<br />

betont der <strong>AStA</strong>-Vorsitzende Jan Siegel. Bei seinem<br />

letzten Besuch in Aachen sicherte Innovationsminister<br />

Andreas Pinkwart auch zu, das Land wolle sich gerade<br />

bei einer exzellenten Uni wie der RWTH nicht vor der<br />

Finanzierung drücken.<br />

die autos fahren weiter…<br />

Ein gigantisches Stangengewirr versperrt momentan<br />

noch den Blick auf den Rohbau des Super C<br />

direkt neben dem Hauptgebäude der RWTH. Bis Weihnachten<br />

soll die Fassade weitgehend geschlossen sein,<br />

ab Sommer 2008 kann das neue Tagungs- und Servicezentrum<br />

dann genutzt werden. Dass dieses Prestigeobjekt<br />

der Hochschule mittlerweile rund 23 Millionen<br />

Euro anstatt der ursprünglich geplanten 25 Millionen<br />

Mark kostet, regt nicht viele Gemüter auf – ein Großteil<br />

des Geldes kommt ohnehin aus Drittmitteln.<br />

Ein Aufreger ist aber weiterhin die Diskussion um einen<br />

autofreien Campus am Templergraben, den sich<br />

die Hochschule wünscht. Dafür müsste der Verkehr<br />

umgeleitet werden, zwischen Hauptgebäude und<br />

Kármán-Auditorium wäre dann Platz für Geschäfte<br />

und Gastronomie sowie Open Air-Kino und andere<br />

Events. Aachens Oberbürgermeister Jürgen Linden<br />

steht diesem Vorschlag offen gegenüber, sieht aber<br />

noch Klärungsbedarf (siehe Interview). Er glaubt nicht<br />

an eine Lösung bis zur Fertigstellung des Super C im<br />

Sommer. Einen Dämpfer hat die Idee durch das »Nein«<br />

der Ratsfraktionen von CDU und SPD bekommen. Danach<br />

zeigte sich auch Rektor Burkhard Rauhut skeptisch:<br />

»Auf jeden Fall werde ich aber in meiner Amtszeit<br />

weiter massiv dafür kämpfen.«<br />

Campus der superlative…<br />

Große Pläne hegt die RWTH auch in Sachen räumlicher<br />

Expansion. Riesige Areale in Melaten, am Klinikum und<br />

am Westbahnhof sollen erschlossen werden. Das Ziel:<br />

der mit 2,5 Quadratkilometern größte Campus Europas.<br />

Baubeginn in Melaten soll bereits 2009 sein. In<br />

den folgenden Jahren sollen hier Infrastruktur und Gebäude<br />

im Wert von 750 Millionen Euro entstehen. In so<br />

v.l.n.r.: Michael Stückradt (Staatssekretär im NRW-Wissenschaftsministerium), Andreas Pinkwart (Wissenschaftsminister),<br />

Burkhard Rauhut (Rektor der RWTH), Thomas Rachel (parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung), Jürgen Linden (Oberbürgermeister von Aachen)<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 9


genannten Kompetenz-Clustern werden Forschung<br />

und Industrie zusammengebracht, insgesamt könnten<br />

so rund 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen.<br />

Das Konzept für den neuen Campus sieht vor, dass<br />

sich Firmen niederlassen, um Forschung und Entwicklung<br />

zu betreiben und dabei direkt mit der RWTH zu<br />

kooperieren. »Für die Industrie ist das mit Abstand der<br />

günstigste Weg, Kernkompetenzen in neuen Themen,<br />

in neuen Technologien aufzubauen«, sagte der Rektoratsbeauftragte<br />

Günther Schuh dem Deutschlandradio.<br />

Das Ziel der neuen Forschungscluster sei es, enger<br />

an die Firmen heranzurücken. Rektor Burkhard Rauhut:<br />

»Damit bewegen wir uns noch stärker in Richtung<br />

der angewandten Forschung als bisher.«<br />

Der Campus West auf dem Gelände des ehemaligen<br />

Rangier- und Güterbahnhofs ist schon lange ein Thema<br />

an der RWTH. So langsam scheint jedoch Bewegung<br />

in die Verhandlungen zu kommen, schon im kommenden<br />

Jahr könnten genauere Pläne veröffentlicht<br />

werden. Auf dem rund 200.000 Quadratmeter großen<br />

Areal sollen neben weiteren Forschungsclustern auch<br />

i<br />

ein Kongresszentrum mit Unterbringungsmöglichkeiten<br />

und eine gläserne Bibliothek entstehen.<br />

Eine Uni in Bewegung – so lässt sich die Situation<br />

an der RWTH im Moment am besten beschreiben.<br />

Auch bei den Verantwortlichkeiten ändert sich gerade<br />

einiges: Für die Leitlinien und die großen Entscheidungen<br />

an der Hochschule ist durch das Hochschulfreiheitsgesetz<br />

jetzt neben dem Rektorat ein<br />

neues Gremium zuständig – der Hochschulrat (mehr<br />

auf Seite 12). Oberstes Ziel aller Bemühungen bleibt<br />

eine Spitzenuniversität, die sich auf ihre Stärken konzentriert<br />

– oder mit den Worten von Rektor Burkhard<br />

Rauhut: »In 20 Jahren wird die RWTH eine Hochschule<br />

sein, die bei einer Ausweitung der Forschung in den<br />

Ingenieurwissenschaften exzellente Grundlagenforschung<br />

in den Naturwissenschaften dokumentieren<br />

kann, zusammen mit einer Einbindung der Geisteswissenschaften<br />

in all diese Aktivitäten.«<br />

Text: Alexander Plitsch<br />

Das Zukunftskonzept der RWTH<br />

»RWTH 2020 – Meeting Global Challenges!«<br />

Maßnahme 1<br />

Schärfung des wissenschaftlichen Profils<br />

Die erste Maßnahme hat zwei Teile: Erstens sollen<br />

die Naturwissenschaften gestärkt werden, um die<br />

Grundlage für einen nachhaltigen Austausch mit<br />

den Ingenieurwissenschaften zu gewährleisten.<br />

Dazu werden zusätzliche Juniorprofessuren eingerichtet<br />

und ein Fonds für die Einbindung von<br />

Studierenden in Forschungsprojekte geschaffen.<br />

Zweitens soll die interdisziplinäre Forschung gefördert<br />

werden. Zwei zentrale Projekte sind Human<br />

Technology (HumTec) und Interdisciplinary<br />

Management Practice (IMP), Kooperationen der<br />

Philosophischen Fakultät bzw. der Wirtschaftswissenschaftler<br />

mit den Kernforschungsbereichen<br />

der RWTH.<br />

Maßnahme 2<br />

Jülich-Aachen Research Alliance (JARA)<br />

Die RWTH und das Forschungszentrum Jülich haben<br />

einen Kooperationsvertrag geschlossen. Dieser<br />

wird zu einer Verzahnung in vielen Bereichen<br />

wie Personalpolitik, Ressourcen-Nutzung und gemeinsamen<br />

Forschungsprojekten führen.<br />

DIE ZUKUNFT<br />

Maßnahme 3<br />

Mobilising People<br />

Kulturelle Vielfalt und Gleichberechtigung sind<br />

Schlagwörter des neuen Konzepts zur Personalund<br />

Organisationsentwicklung der RWTH. Die<br />

Teilprojekte richten sich an verschiedene Zielgruppen<br />

– von Schülern, die für Technik und<br />

Naturwissenschaften begeistert werden sollen,<br />

bis hin zu Professoren, für die neue Trainingsmodule<br />

geschaffen werden. Für Studenten besonders<br />

interessant: Im neuen UROP-Programm<br />

können bis zu 30 Studenten pro Jahr projektbezogene<br />

Mittel beantragen, um an einem Institut<br />

ein Praktikum zu machen.<br />

Maßnahme 4<br />

Enhancing Corporate Governance<br />

Diese Maßnahme sieht Umstrukturierungen in<br />

den Entscheidungsprozessen und bei der Mittelverteilung<br />

auf Leitungsebene vor. So wird unter<br />

anderem ein neuer Strategierat eingerichtet,<br />

der zwischen Rektorat und Fakultäten für eine<br />

Sicherung der strategischen Ziele der Hochschule<br />

sorgen soll. Außerdem werden mit verschiedenen<br />

Fonds neue Fördermöglichkeiten<br />

geschaffen – ein gezieltes Controlling-System<br />

soll die Nachhaltigkeit des Zukunftskonzeptes<br />

sichern.<br />

10 – Campus – <strong>relatif</strong>


interview<br />

Für die RWTH<br />

durch‘s Feuer<br />

Im Gespräch mit <strong>relatif</strong> spricht Aachens<br />

Oberbürgermeister Jürgen Linden über die<br />

Entwicklung von RWTH und Stadt sowie<br />

sein persönliches Verhältnis zur Hochschule<br />

<strong>relatif</strong>: Herr Dr. Linden, Sie haben kürzlich den von<br />

Kaven-Ring erhalten, eine Auszeichnung für besondere<br />

Verdienste am Wohle der RWTH. Eine große<br />

Ehre für Sie?<br />

Linden: Ja, ich bin sehr stolz darauf. Die Auszeichnung<br />

ist eine Bestätigung dafür, dass die Zusammenarbeit<br />

zwischen der Hochschule und der Stadt sehr<br />

gut ist. Der Ring ermutigt mich, den eingeschlagenen<br />

Weg fortzufahren, die Schicksale von Stadt<br />

und Hochschule enger aneinander zu binden. Andere<br />

wären froh, so eine Hochschule in der Stadt zu<br />

haben.<br />

<strong>relatif</strong>: Wie wichtig ist denn die RWTH für Aachen?<br />

Linden: Die Hochschule ist das große Pfund, mit<br />

dem wir wuchern können. Wir befinden uns mitten<br />

im Strukturwandel und werden dabei sehr stark von<br />

den Innovationen unserer Hochschulen geprägt. Zudem<br />

ist die RWTH ein Marketingfaktor in aller Welt,<br />

durch sie sind und bleiben wir eine internationale<br />

und junge Stadt.<br />

<strong>relatif</strong>: Wie würden Sie ihre persönliche Beziehung<br />

zur RWTH beschreiben?<br />

Linden: Die enge Bindung an die Hochschule wird<br />

jedem Aachener quasi von Geburt an mitgegeben.<br />

In meiner Funktion als Oberbürgermeister habe ich<br />

sehr enge Arbeitsbeziehungen, aber auch persönliche<br />

Beziehungen aufbauen können, die letztlich<br />

beiden Seiten zugute kommen. Gemeinsam lösen<br />

wir viele Probleme im kommunalen Bereich.<br />

<strong>relatif</strong>: Haben Sie mitgefiebert, als die Entscheidung<br />

in der Exzellenzinitiative bekanntgegeben wurde?<br />

Linden: Aber klar. Das war ja nicht nur für die Hochschule,<br />

sondern auch für die Stadt und die gesamte<br />

Region eine wichtige und positive Entscheidung.<br />

Und wir profitieren ja auch alle maßgeblich davon.<br />

<strong>relatif</strong>: Inwiefern?<br />

Linden: Nun, wir haben bereits einige Marketing-<br />

Maßnahmen zwischen Hochschule und Stadt verabredet.<br />

Wir werden damit werben, nicht nur in und um<br />

Aachen herum, sondern auch außerhalb. Ich denke,<br />

die Elite-Uni wird wie der Karlspreis und das Reitturnier<br />

– bei der Alemannia ist es leider nicht immer so<br />

– Glanz auf die Stadt abwerfen.<br />

<strong>relatif</strong>: Wie wird sich die Hochschule in den nächsten<br />

Jahren entwickeln?<br />

Linden: Die Hochschule stößt bei ihren Erweiterungsmöglichkeiten<br />

an Grenzen. Deshalb ist es unabdingbar,<br />

dass wir neue Flächen zur Verfügung<br />

stellen. Ich denke da an den Campus Europa, also das<br />

Areal um den Westbahnhof, und zusätzlich Melaten<br />

West sowie die freien Flächen um das Klinikum.<br />

<strong>relatif</strong>: Vom Campus Europa wird schon lange gesprochen,<br />

doch wenig bewegt sich.<br />

Linden: Ich weiß, dass die Bahn ein schwieriger Verhandlungspartner<br />

ist. Aber der Kaufpreis ist mittlerweile<br />

wohl ausgehandelt, jetzt wäre es im Interesse<br />

aller, wenn möglichst bald ein <strong>No</strong>tarvertrag unterschrieben<br />

würde, ich hoffe bis Ende Februar. Dann<br />

sollte auch das Land NRW vor dem Hintergrund der<br />

Auszeichnung der RWTH jetzt etwas Dampf in die<br />

Sache bringen. Die Stadt ist in der Phase danach<br />

schnell in der Lage, einen Bebauungsplan zu entwickeln.<br />

Letztlich arbeiten wir da zu aller Vorsicht<br />

aber auch schon parallel.<br />

<strong>relatif</strong>: Fürchten Sie auf Dauer nicht eine Spaltung<br />

Aachens in den elitären Westen und den unansehnlichen<br />

Osten?<br />

Linden: Ich glaube, das verträgt sich ganz gut. Die<br />

Hochschule ist kein Fremdkörper, sondern ein Teil<br />

dieser Stadt. Beide profitieren wechselseitig voneinander,<br />

unser Fortschritt hängt von der Hochschule ab<br />

– also müssen wir der Hochschule den Expansionsraum<br />

auch zur Verfügung stellen.<br />

<strong>relatif</strong>: Bekommt die RWTH einen Campus am<br />

Templergraben?<br />

Linden: Ich habe immer gesagt, die Hochschule<br />

muss ihr Gesicht zur Stadt zeigen. Da sind die Möglichkeiten<br />

des Hauptgebäudes beschränkt. Deshalb<br />

ist es richtig, das Umfeld am Templergraben neu zu<br />

gestalten. <strong>No</strong>ch fehlt aber eine konkrete Planung,<br />

damit die Bürger auch eine Vorstellung vom Projekt<br />

entwickeln können. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb<br />

muss sich außerdem um Zeitachse und Finanzierung<br />

kümmern.<br />

<strong>relatif</strong>: Wie schätzen Sie das Verkehrsproblem bei<br />

einer Vollsperrung des Templergrabens ein, die sich<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 11


die Hochschule wünscht?<br />

Linden: Stadt und Hochschule müssen an der Stelle<br />

gemeinsam eine Lösung finden. Ich denke, man sollte<br />

die Sperrung ausprobieren und nach einer Testphase<br />

entscheiden, was dauerhaft machbar ist.<br />

<strong>relatif</strong>: Jeder fünfte Aachener studiert oder arbeitet<br />

an der RWTH. Fällt es da nicht schwer, der Hochschule<br />

Wünsche auszuschlagen?<br />

Linden: Wir haben eine gute Zusammenarbeit, dazu<br />

gehören auch mal unterschiedliche Meinungen.<br />

Letztlich versucht die Stadt, gemeinsam mit der<br />

Hochschule die Ideen zu entwickeln. Die Aachener<br />

würden für ihre Hochschule durchs Feuer gehen.<br />

<strong>relatif</strong>: Sie sind Mitglied im neuen Hochschulrat, der<br />

zukünftig die Leitlinien der RWTH bestimmen wird.<br />

Was erwarten Sie von der neuen Aufgabe?<br />

Linden: Das ist für alle Beteiligten neu. Wir müssen<br />

uns kennenlernen, die Mitglieder von außerhalb<br />

müssen auch erst einmal die RWTH richtig kennenlernen.<br />

Die Hochschule steht im internationalen<br />

Benchmark, und wir wollen hier von allen das Beste<br />

lernen. Das ist ein Prozess des Denkens, des Analysierens<br />

und des Entwickelns.<br />

<strong>relatif</strong>: Wo sehen Sie erste Schwerpunkte in der<br />

Arbeit des neuen Gremiums?<br />

Linden: Die Frage wird lauten: Wie kann man die<br />

neue Exzellenz der Hochschule ausbauen und anwenden,<br />

nicht nur im Marketingbereich? Das muss<br />

zügig angepackt werden, denn Titel und Euphorie<br />

schwinden schnell. Der Rektor und viele Professoren<br />

haben den Anspruch, in der Champions League zu<br />

spielen – dann muss man sich jetzt entsprechend<br />

verstärken.<br />

<strong>relatif</strong>: Denken sie, dass die Studenten bei den vielen<br />

anstehenden Veränderungen ausreichend in<br />

Entscheidungen einbezogen werden?<br />

Linden: Es wird ein hohes Tempo bei den Veränderungen<br />

angeschlagen, wie allgemein in der Gesellschaft.<br />

Leider ist es so – das ist hier in der Stadtverwaltung<br />

nicht anders – dass das Recht auf Beteiligung<br />

manchmal kürzer kommt, als man sich das<br />

eigentlich wünscht. Klar ist aber, dass der Zug in die<br />

Zukunft nicht nur einen Lokführer, sondern auch<br />

Passagiere braucht.<br />

<strong>relatif</strong>: Wie sieht die RWTH in 20 Jahren im Vergleich<br />

zu heute aus?<br />

Linden: Ich bin kein Hellseher. Ich sehe mich kaum<br />

in der Lage, das Jahr 2020 oder auch nur 2<strong>01</strong>5 vorauszusehen.<br />

Die Forschung hat ein enormes Tempo<br />

aufgenommen. Hinzu kommt die Globalisierung, die<br />

Welt ist ein großes Dorf, die Mobilität ist eine völlig<br />

andere als zu meiner Studentenzeit. Unser Bemühen<br />

muss es einfach sein, die Veränderungen früh zu<br />

spüren und immer einen Tick schneller zu sein als<br />

andere.<br />

<strong>relatif</strong>: Herr Dr. Linden, wir danken Ihnen für dieses<br />

Gespräch.<br />

Interview: Alexander Plitsch<br />

hochschulrat<br />

gut beraten<br />

Der neue Hochschulrat der RWTH hat sich ein erstes<br />

Mal getroffen. Enge Anbindung an Wirtschaft<br />

und Gesellschaft.<br />

Man nehme neun Persönlichkeiten aus Wissenschaft,<br />

Forschung und Wirtschaft und dazu einen<br />

Oberbürgermeister, übergebe ihnen ein paar Kompetenzen<br />

des Rektorats, des Senats und der Landesregierung<br />

– und fertig ist der Hochschulrat.<br />

Das neue Gremium funktioniert so ähnlich wie ein<br />

Aufsichtsrat in Unternehmen: Er gibt künftig die<br />

Leitlinien für die Entwicklung der Hochschule vor<br />

und hat weitere wichtige Funktionen, zum Beispiel<br />

die Wahl des Rektors.<br />

Als Vertrauensperson der Studierendenschaft wurde<br />

auch ein ehemaliger <strong>AStA</strong>-Vorsitzender in den<br />

Hochschulrat berufen: Ulrich Schuster, 30 Jahre<br />

alt, mittlerweile Promotionsstudent der Nachrichtentechnik<br />

an der ETH Zürich. »Ich war schon sehr<br />

überrascht, dass man mich angesprochen hat«,<br />

sagte Schuster im Gespräch mit <strong>relatif</strong>. Für seine<br />

Arbeit im neuen Gremium will er auch seine alten<br />

Kontakte zur Studierendenschaft nutzen. »Das ist<br />

sicher ein Vorteil, den andere Mitglieder des Hochschulrates<br />

nicht haben.«<br />

Auf die neue Aufgabe ist Schuster schon gespannt:<br />

»Ich hoffe, dass der Hochschulrat auch wirklich<br />

inhaltlich arbeitet und nicht zu einem Abnick-Gremium<br />

des Rektors verkommt.« Die nötige Macht<br />

hat das Gremium jedenfalls – Kritikern geht vor<br />

allem das alleinige Recht des Hochschulrates zu<br />

weit, den Rektor zu wählen und abzuwählen. »Dadurch<br />

ist der Rektor nicht mehr wie bislang durch<br />

alle Gruppen der Hochschule legitimiert«, sagt<br />

der <strong>AStA</strong>-Vorsitzende Jan Siegel. »Ansonsten ist es<br />

aber ein guter Weg, externen Sachverstand an die<br />

RWTH zu holen, um die Qualität der Hochschule zu<br />

steigern.«<br />

o.v.l.: Dr.-Ing. E.h. Heinrich Weiss, Dr. Hans-Ulrich<br />

Lindenberg, Vorsitzender Dr. Alfred Oberholz, Prof. Dr.-<br />

Ing. Reiner Kopp, Dr. Jürgen Linden, Ulrich Schuster<br />

u.v.l.: Prof. Dr. Peter Gomez, die stellvertretende Vorsitzende<br />

Dr. Lucia Reining, Prof. Dr. Londa Schiebinger,<br />

RWTH-Rektor Prof. Dr. Burkhard Rauhut sowie Irmtraut<br />

Gürkan<br />

12 – Campus – <strong>relatif</strong>


Mmmmh … Marcos Mensa-Test<br />

Mittagszeit – Magenknurren – Hunger! Das langersehnte<br />

Schlusswort des Dozenten scheint in ungreifbarer<br />

Ferne. Die Gedanken sind weit weg von<br />

mathematischen Formeln und philosophischen Theorien.<br />

Doch dann: Vorlesungsende – endlich ist der<br />

Weg frei zur Mensa. Aber da offenbart sich vielen ein<br />

Problem: Welche Mensa soll es sein, was gibt es wo<br />

und vor allem: Wo schmeckt’s am besten?<br />

Um die Qual der Wahl ein wenig zu erleichtern,<br />

nimmt <strong>relatif</strong> die Aachener Mensen einmal genauer<br />

unter die Lupe. Eigentlich stand Marco Wohter früher<br />

selbst an den Kochtöpfen, mittlerweile studiert<br />

er an der RWTH und bezeichnet sich selbst als unerschrockenen<br />

Allesesser. Mit den Augen und dem<br />

Gaumen eines Profis prüft er dabei den Geschmack<br />

des Essens, den Service, das Ambiente und stellt die<br />

Besonderheiten der Mensen heraus. Die erste Runde<br />

von Marcos Mensatest bestreiten die drei Mensen in<br />

der Turmstraße: Mensa I, Mensa II und Cafeteria I.<br />

UNSER EXPERTE<br />

Name:<br />

Marco Wohter<br />

Alter:<br />

27<br />

Beruf:<br />

Student der<br />

Kommunikationswissenschaft<br />

und<br />

ausgebildeter Koch<br />

In unserem großen Mensa-Test schnuppern wir bei<br />

den beliebtesten Mensen Aachens rein.<br />

Gestet werden Geschmack, Service, Ambiente und<br />

Extras. Unser Experte in Sachen »Bonne Cuisine« ist<br />

Marco Wohter.<br />

In Teil 1 unseres Tests steht die Turmstraße mit Mensa<br />

I, Mensa II und Cafeteria im Blickpunkt.<br />

Unsere Bewertung orientiert sich natürlich nicht<br />

am Sterne-Restaurant, sondern zielt auf die Dinge,<br />

die man als Student von einer Großküche erwarten<br />

kann und darf.<br />

mensa i<br />

Dem Strom der drängenden Massen folgend, findet<br />

Marco sich in der Schlange zur Mensa I wieder.<br />

»Die Kommilitonen haben entschieden – fangen wir<br />

mit der Mensa I an!«, sagt der Mensatester. Auf das<br />

gründliche Studium des Menüplans verzichtet er<br />

allerdings nicht. Das Menü ist gewählt, das Tablett<br />

in der Hand und schon beginnt Marco das Treiben<br />

um ihn herum zu beobachten. Die Hektik der hungrigen<br />

Meute wird vom Personal bestens bewältigt<br />

und auch das Essen scheint die meisten Studenten<br />

zufrieden zu stellen. Aber genügt es auch den Ansprüchen<br />

des Profis?<br />

Die Mensa I, das heißt großes Platzangebot und viel<br />

Auswahl: Rote, Gelbe und Grüne Theke, Salatbar und<br />

Gemüsebuffet – »da ist doch für jeden was dabei,<br />

auch für Nicht-Alles-Esser«, sagt Marco.<br />

Zack – da landet auch schon ein Teller Geschnetzeltes<br />

auf dem Tablett. <strong>No</strong>ch schnell das vergessene<br />

Besteck organisieren, ab durch die Kasse und auf zu<br />

den Tischen. Endlich einen Platz gefunden, widmet<br />

sich der Tester zwischen Maschbauer und Biologin<br />

nun voll und ganz dem Essen. Mit professioneller<br />

Methode arbeitet er sich vom Fleisch über die Beilagen<br />

bis hin zum Dessert durch und seine Mimik<br />

verrät einiges. »Schmeckt super«, sagt Marco fast ein<br />

bisschen erstaunt. Nur auf den Griff nach Salz und<br />

Pfeffer will er doch nicht verzichten.<br />

»An Mutters gute Küche kommt es natürlich nicht<br />

heran«, sagt Marco und schaut auf den Teller seiner<br />

Nachbarin. Gegen die fürsorglichen Portionen<br />

zu Hause wirken die drei Maultaschen in Tomatenschmelze<br />

etwas trostlos. »Wenn man ganz nett<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 13


Haargenau wird hingeschaut – dem eifrigen Tester Marco entgeht nichts<br />

fragt, bekommt man manchmal sogar vier«, verrät<br />

Andrea, die Marcos Blick anscheinend bemerkt hat.<br />

»Als Vegetarierin gehe ich sonst ans Gemüse- oder<br />

Salatbuffet. Aber heute sah es da aus wie auf dem<br />

Schlachtfeld.« Man muss also das Glück haben, im<br />

richtigen Moment in der Mensa zu sein – auch, um<br />

noch ein Dessert abzustauben. Den optimalen Zeitpunkt<br />

kann aber selbst der beste Mensatester nicht<br />

voraussagen, das ist Glücksache.<br />

Marcos Fazit: »Die M1 ist Allrounder für immer<br />

hungrige Studenten, wie mich. Mittagessen, Salat,<br />

Gemüse, Kaffee – alles da. Nur länger sitzen bleiben<br />

nach dem Essen würde ich hier nicht. Deshalb gibt’s<br />

2,5 von 4 Sternen!«<br />

mensa ii<br />

Diesmal entzieht sich Marco der Masse und macht<br />

sich in die Mensa II auf. »Hier ist es gleich etwas ruhiger<br />

und persönlicher«, bemerkt unser Tester beim<br />

Betreten. »Die kleinen Tischgruppen sind auch viel<br />

kommunikativer.« Aber nun zum Wesentlichen, wie<br />

sieht es mit dem Essen aus? Denn von Kommunikation<br />

lässt sich bekanntlich schlecht leben. An der Theke<br />

findet man das Gelbe Gericht wieder, das auch<br />

in der M1 angeboten wird – heute: Schlemmerfilet<br />

Bordelaise. Daneben wird das so genannte Tellergericht<br />

angeboten, das wegen seines niedrigen Preises<br />

bei vielen Studenten beliebt ist. Für die Vegetarier<br />

gibt es hier kein eigenes Gericht, neben der Tagessuppe<br />

werden aber ein kleines Salatbuffet und eine<br />

Auswahl an warmem Gemüse angeboten. »Für mich<br />

nur eine kleine Portion«, bittet Marco die Dame hinter<br />

der Theke. »Eine Kinderportion, was?«, schallt es<br />

mit einem breiten Grinsen zurück. Moment! Das lässt<br />

Marco nicht auf sich sitzen und bestellt triumphierend<br />

noch das Tellergericht dazu – Kaiserschmarrn.<br />

»Freundlich, aufgeschlossen und für einen kleinen<br />

Spaß zu haben. So muss es sein«, lobt Marco und<br />

vergibt seine Punkte.<br />

Schnell hat der Tester das Filet weggeschlemmt und<br />

macht sich über den zweiten Teller her. Doch so viel<br />

Schmarrn für kleines Geld zwingt auch Vielesser Marco<br />

schließlich zur Aufgabe. Das ruhige Ambiente der<br />

Mensa II lädt schon eher dazu ein, nach dem Essen<br />

noch ein wenig zu verweilen. Allerdings gibt es hier<br />

keinen Kaffee, was die meisten Studenten wohl doch<br />

zum sofortigen Aufbruch veranlassen dürfte.<br />

Marcos Fazit: »Die Mensa II ist die kleine Schwester<br />

der Mensa I. Nicht so große Auswahl, dafür aber<br />

das günstige Tellergericht und ein ruhiges Ambiente.<br />

Fehlt nur noch der Kaffee zum Abschluss. Dafür<br />

gibt’s 2 von 4 Sternen.«<br />

14 – Campus – <strong>relatif</strong>


Cafeteria I<br />

Schon beim Betreten der Cafeteria vernimmt die<br />

geschulte Nase unseres Profitesters angenehme Gerüche:<br />

gegrilltes Fleisch, frisches Gemüse, ein Hauch<br />

von Kaffee aber – ja, richtig gerochen – in der Cafeteria<br />

darf geraucht werden. Allerdings nur noch bis<br />

Januar 2008. Da Marco ein toleranter Nichtraucher<br />

ist, konzentriert er sich lieber wieder auf die wesentlichen<br />

Dinge des Lebens: das Essen. Bevor er sich in<br />

die Schlange stellt, legt er sein Augenmerk erst einmal<br />

auf das Ambiente der Cafeteria: überschaubare<br />

Größe, angenehmere Farben und herbstliche Dekoration.<br />

Betört vom Essensgeruch hält es Marco nun aber<br />

nicht länger aus und begibt sich mit Tablett bewaffnet<br />

Richtung Theke. »Eine Showküche!«, freut er sich.<br />

»Das ist super, weil man sieht, wie alles zubereitet<br />

wird und wie sauber die Küche ist.« Als er dann auch<br />

noch die saftigen Steaks erblickt, ist es um den Mensatester<br />

geschehen. Die Auswahl der Gerichte lässt<br />

kaum Wünsche offen. Und jeder Fleischfan, Marco<br />

voran, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten.<br />

Mit vollgepacktem Teller steht Marco an der Kasse<br />

und freut sich auch hier über ein freundliches Gesicht.<br />

»Guten Appetit der Herr und einen schönen<br />

Tag noch«, wünscht die gut gelaunte Kassiererin<br />

mit einem Lächeln und landet damit bei Marco einen<br />

Volltreffer. Nichts desto trotz, sein Blick bleibt<br />

kritisch.<br />

Bei der Platzwahl entscheidet sich Marco für einen<br />

der erhöhten Plätze, um einen guten Überblick über<br />

das Geschehen zu haben. Hier macht er sich sogleich<br />

auf die Suche nach möglichen Mängeln. Doch selbst<br />

die zu trocken geglaubte Hähnchenbrust entpuppt<br />

sich als zartes und saftiges Stück Fleisch.<br />

Neben den warmen Gerichten bietet die Cafeteria<br />

zudem eine Vielzahl kleiner Snacks, Desserts und Getränke<br />

an. Abgerundet wird das Ganze noch durch<br />

die langersehnte Kombination aus angenehmem<br />

Lautstärkepegel und einem Kaffeeautomaten. »Hier<br />

werde ich in Zukunft den ein oder anderen Snack<br />

und Kaffee zu mir nehmen«, sagt Marco abschließend.<br />

Ein kleiner Wehmutstropfen ist jedoch die<br />

Raucherecke, die manch einen beim Essen stören<br />

könnte.<br />

Marcos Fazit: »Die Cafeteria I ist mein persönlicher<br />

Favorit. Auch wenn man hier schon mal ein wenig<br />

mehr Geld ausgibt – es ist alles da, was das Herz<br />

begehrt. Leckere Mittagsmenüs, eine ordentliche<br />

Salatbar, Nachtisch, Snacks, Frühstück und Kaffee –<br />

was will ein Student mehr? Die Cafeteria I bekommt<br />

3 von 4 Sternen.«<br />

Text und Fotos: Johanna Heiliger und Marco Wohter<br />

Die Ergebnisse im Überblick<br />

Kriterien<br />

MENSA I MENSA II Cafeteria I<br />

Geschmack<br />

Service<br />

Ambiente<br />

Extras<br />

Für die nächste Ausgabe von <strong>relatif</strong> testet Marco für Euch die Mensa Vita, die Mensa Ahornstraße<br />

und das Bistro Templergraben. Nicht verpassen!<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 15


diskussion<br />

»Hast du mit Steinbrück telefoniert?«<br />

Ein Streitgespräch über die Zukunft der Studierendenvertretung in Deutschland<br />

Das Studierendenparlament der<br />

RWTH ist im Sommer aus dem<br />

freien zusammenschluss der<br />

studentInnenschaften (fzs) ausgetreten.<br />

Die Begründung: Der<br />

Dachverband sei ineffektiv, zu<br />

einseitig linkspolitisch und der<br />

Mitgliedschaftsbeitrag lohne<br />

sich nicht für die Aachener Studenten.<br />

<strong>relatif</strong> sprach mit Florian<br />

Hillebrand vom fzs und Daniel<br />

George vom Bundesverband der<br />

Liberalen Hochschulgruppen.<br />

<strong>relatif</strong>: Gibt es auf Bundesebene<br />

derzeit eine starke Stimme, die<br />

für die Studenten in Deutschland<br />

spricht?<br />

Hillebrand: Es gibt den studentischen<br />

Dachverband fzs, der<br />

rund 1,1 Millionen Studenten vertritt<br />

und es für sich in Anspruch<br />

nimmt, die Studenten in Deutschland<br />

zu vertreten. Insofern gibt<br />

es schon eine Vertretung der<br />

Studenten auf Bundesebene, wobei<br />

es schwierig ist, die Meinung<br />

aller Studenten gleichzeitig zu<br />

vertreten.<br />

<strong>relatif</strong>: Gibt es eine starke Stimme<br />

oder nicht?<br />

Hillebrand: Ja, es gibt eine starke<br />

Stimme auf Bundesebene für alle<br />

Studenten – das ist der fzs.<br />

George: Da bin ich aber ganz<br />

anderer Meinung. Es gibt<br />

mehrere solche Stimmen: Das<br />

sind zunächst die politischen<br />

Hochschulverbände – die Jusos,<br />

der RCDS, die LHG, usw. – und<br />

hinzu kommt dann der fzs. Der<br />

übrigens ganz sicher keine Vertretung<br />

aller Studenten ist,<br />

schließlich sind nicht mal die<br />

Hälfte aller Hochschulen<br />

Mitglieder im Verband.<br />

<strong>relatif</strong>: Aber immerhin ist der fzs<br />

der erste Ansprechpartner etwa<br />

für politische Institutionen wie<br />

den Bundestag, oder?<br />

George: Das mag schon sein,<br />

aber warum denn? Die Politiker<br />

sind doch froh, sich nur mit einem<br />

studentischen Verband auseinandersetzen<br />

zu müssen, der dann<br />

auch noch intern zutiefst zerstritten<br />

ist und dessen Meinung<br />

sich sehr einfach beiseite drücken<br />

lässt.<br />

Hillebrand: Falsch! Die Politik<br />

spricht deshalb mit uns, weil wir<br />

die einzige unabhängige Stimme<br />

für Studenten in Deutschland<br />

sind. Ansonsten gibt es natürlich<br />

Strömungsverbände, parteigebundene<br />

Verbände . . .<br />

George: Die Liberalen Hochschulgruppen<br />

sind auch unabhängig.<br />

Hillebrand: Aber sie haben ja<br />

wohl eine ganz klare Affinität zu<br />

einer Partei.<br />

George: Und der fzs nicht?<br />

Ihr seid doch auch von einer<br />

bestimmten politischen Meinung<br />

dominiert, die in der Regel links<br />

von der politischen Mitte ist.<br />

Hillebrand: Das stimmt so nicht.<br />

Es gibt nirgendwo ein Manifest,<br />

in dem steht: Der fzs ist links.<br />

Sondern die Positionen des fzs<br />

werden immer wieder neu von<br />

seinen Mitgliedern bestimmt.<br />

»Mit viel Geld kann<br />

man natürlich viel<br />

durch die Gegend<br />

reisen und Kampagnen<br />

starten« D. George<br />

George: Entschuldigung, aber<br />

wo war denn die Meinungsvielfalt,<br />

als frühere Vorstände des fzs<br />

Pressemitteilungen der Linkspartei<br />

ohne eine Änderung auch<br />

noch mal unter eigenem Namen<br />

veröffentlicht haben?<br />

Hillebrand: Also, wenn so etwas<br />

passiert, dann ist das ein Skandal.<br />

Unsere Aufgabe als Vorstand<br />

ist es, in Pressemitteilungen die<br />

Meinung und Beschlüsse unserer<br />

Mitglieder zu vertreten. Oder wie<br />

aktuell, die Erhöhung des BAföG<br />

um zehn Prozent zu loben, die<br />

der fzs in Berlin erkämpft hat.<br />

<strong>relatif</strong>: Zeigt ein solcher Erfolg<br />

wie beim BAföG nicht, dass ein<br />

studentischer Dachverband gebraucht<br />

wird, Daniel?<br />

George: Nein, denn es ist kein<br />

Erfolg des fzs. Es ist wenn schon<br />

ein gemeinsamer Erfolg aller<br />

Verbände in Deutschland, die seit<br />

langer Zeit die BAföG-Erhöhung<br />

fordern. Es ist absurd, zu behaupten,<br />

der fzs hätte diese Erhöhung<br />

erreicht. Oder Florian, hast du in<br />

den letzten Tagen mit Peer Steinbrück<br />

telefoniert und ihm gesagt,<br />

er müsse das Geld jetzt aber mal<br />

auf den Tisch hauen?<br />

Hillebrand: Nein, ich habe nicht<br />

mit Steinbrück gesprochen, aber<br />

mit vielen anderen Leuten. Und<br />

der fzs hat diese Erhöhung lange<br />

gefordert und hat eine große<br />

Kampagne gemacht, größer als<br />

alle anderen Verbände.<br />

George: Wir anderen Verbände<br />

haben ja auch nicht das Geld<br />

der Studierendenschaften. Mit<br />

viel Geld kann man natürlich viel<br />

durch die Gegend reisen und<br />

Kampagnen starten.<br />

<strong>relatif</strong>: Die RWTH ist eine von<br />

mehreren Unis, die in den letzten<br />

Monaten aus dem fzs ausgetreten<br />

sind. Was sind die Gründe dafür?<br />

George: Mir fallen da einige<br />

Gründe ein. Eine große Studierendenschaft<br />

wie die der RWTH<br />

musste zum Beispiel viel Geld<br />

in den fzs stecken, das dieser<br />

dann an Unis in anderen Bundesländern<br />

geschickt hat, wo die<br />

Studierendenschaften nicht über<br />

eigene Mittel verfügen – eine<br />

ungerechte Umverteilung. Hinzu<br />

kommt, dass der fzs nach der<br />

Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes<br />

ohnehin seine<br />

Bedeutung verlieren wird.<br />

<strong>relatif</strong>: Durch die Abschaffung<br />

des HRG werden fast alle hochschulpolitischen<br />

Kompetenzen<br />

vom Bund auf die Länder verlagert.<br />

Ist das das Ende des fzs?<br />

16 – Campus – <strong>relatif</strong>


Florian Hillebrand, 24,<br />

Vorstandsmitglied im freien<br />

zusammschluss von<br />

studentInnenschaften (fzs)<br />

Daniel George, 28,<br />

Vorsitzender des Bundesverbandes<br />

der Liberalen<br />

Hochschulgruppen<br />

Alexander Plitsch, 23,<br />

<strong>relatif</strong>-Redakteur<br />

Hillebrand: Ich sehe nicht, dass<br />

der fzs dadurch seine Bedeutung<br />

verliert. Es gilt auch nach der<br />

HRG-Abschaffung, die Studierendenvertretungen<br />

bundesweit<br />

zu vernetzen und gemeinsame<br />

Positionen zu entwickeln. Es hat<br />

einen völlig anderen Stellenwert,<br />

ob sich die Studenten in Deutschland<br />

gegen Studiengebühren<br />

aussprechen oder ob sich zufällig<br />

ein paar Hochschulen im Saarland<br />

auf diese Position geeinigt haben.<br />

George: Das sehe ich anders. Da<br />

es kaum noch bundespolitische<br />

Kompetenzen im Hochschulbereich<br />

geben wird, wird der<br />

fzs auf Dauer zu einem Koordinations-<br />

und Diskussionsclub<br />

verkommen. Natürlich muss man<br />

sich weiter bundesweit austauschen<br />

unter den Studierendenschaften,<br />

aber das ginge auch<br />

auf einem Bundes-Asten-Treffen.<br />

Da müssen wir nicht so viel Geld<br />

in einen bürokratischen Apparat<br />

pumpen.<br />

Hillebrand: Na, den bürokratischen<br />

Apparat musst du mir<br />

aber mal zeigen! Meinst du<br />

vielleicht die vier ehrenamtlich<br />

arbeitenden Studenten oder etwa<br />

die zwei halben Stellen in unserer<br />

Geschäftsstelle?<br />

George: Ich meine damit, dass<br />

der fzs sich im Moment fast nur<br />

noch selbst verwaltet und sich<br />

mit seinen eigenen Problemen<br />

beschäftigt. Den Gewinn, den<br />

etwa die Aachener Studenten von<br />

einer Mitgliedschaft in diesem<br />

Verband hätten, musst du mir erst<br />

noch zeigen!<br />

Hillebrand: Aber gerne, der liegt<br />

doch auf der Hand, schließlich<br />

haben die Studenten der RWTH<br />

im Moment eben keine Stimme,<br />

die für sie auf Bundesebene<br />

spricht. Hinzu kommt, dass der fzs<br />

seine Mitglieder mit allen Mitteln<br />

unterstützt, seien es Flyer und<br />

Infobroschüren oder Seminare für<br />

die Studentenvertreter.<br />

<strong>relatif</strong>: Auf einer Perspektivtagung<br />

im Dezember trifft der fzs<br />

einige Richtungsentscheidungen<br />

für die Zukunft des Verbandes.<br />

Wie wird in Euren Augen die Vertretung<br />

der Studenten zukünftig<br />

auf Bundesebene aussehen?<br />

George: Trotz einiger Austritte<br />

und der internen Streitigkeiten<br />

denke ich, dass der fzs bestehen<br />

bleiben wird. Ändern wird sich<br />

aber auch nicht viel. Ein Dachverband<br />

aller Studenten ist und<br />

bleibt unrealistisch, dafür sind<br />

die unterschiedlichen politischen<br />

Strömungen zu verschieden und<br />

zu stark ausgeprägt. Auf Bundesebene<br />

werden die politischen<br />

Verbände weiter arbeiten – ob<br />

mit oder ohne fzs, ist mir eigentlich<br />

egal.<br />

Hillebrand: Der fzs ist und bleibt<br />

der einzige Dachverband den wir<br />

haben, er ist die Basis, auf der wir<br />

arbeiten müssen. Manche<br />

sprechen von einem neuen Dachverband<br />

oder einem Gegenverband,<br />

solchen Tendenzen sehe<br />

ich aber gelassen entgegen. Der<br />

fzs muss sich weiter entwickeln,<br />

wir wollen mehr Mitglieder und<br />

mehr Studenten für uns<br />

gewinnen. Dann sehe ich gute<br />

Chancen, dass wir eine noch<br />

schlagkräftigere Vertretung für<br />

die Studenten werden.<br />

Text: Alexander Plitsch<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 17


Lauter Pfeifen<br />

oder: Zwei Mädels gehen einer Legende nach<br />

?<br />

Was passiert, wenn zwei Frauen<br />

mit Verspätung einen Hörsaal<br />

voller Maschinenbauer betreten?<br />

Der Legende nach bricht die männlich dominierte<br />

Maschinenbauergemeinschaft in großen Jubel und<br />

Begeisterung aus.<br />

Ein Experiment soll die Wahrheit ans Tageslicht bringen:<br />

Welche Reaktionen zeigen die mit dem weiblichen<br />

Geschlecht vollkommen unerwartet konfrontierten<br />

Probanden? Im Auftrag der Wissenschaft haben wir<br />

uns als Lockvögel zur Verfügung gestellt. Nicht ganz<br />

unvoreingenommen gehen wir vor dem Versuch von<br />

diesem Szenario aus: Wir betreten den vollbesetzten<br />

Hörsaal. Die Maschis blähen die Nüstern, ihre Ohren<br />

zucken. Sie wittern das unverhoffte Ereignis, das Unglaubliche,<br />

das Nie-da-gewesene – das, was man nur<br />

aus Erzählungen des großen Maschinenbauer-Bruders<br />

kennt. Eintausend in Karohemdkragen gebettete<br />

Köpfe blicken von ihren Unterlagen auf. Die Nerds<br />

aus der letzen Reihe stellen den Tausch ihrer Dragon-<br />

Ball-Z-Karten ein, rücken ihre hornigen Brillengestelle<br />

zurecht und starren uns mit offenen Mündern an.<br />

Dem Großen mit dem topunmodischen Igelhaarschnitt<br />

fällt die von Mutti geschmierte Zwiebelmettstulle aus der<br />

zitternden Hand. <strong>No</strong>ch bevor wir einen Sitzplatz gefunden<br />

haben, hat sich die Gemeinschaft in einen Freudentaumel<br />

hineingesteigert, den es nicht einmal bei der<br />

letzen LAN-Party gab. Vielleicht eine zugespitzte Vorstellung<br />

der Dinge, doch ist sie wirklich so weit her<br />

geholt? Ist der Uralt-Witz vom sagenumwobenen Aachener<br />

Maschinenbauer, der als Sextourist nach Münster<br />

reist, wirklich an den Haaren herbeigezogen? Unser<br />

Experiment soll Klarheit bringen:<br />

Materialien<br />

500 bis 1000 Maschinenbauer im ersten Semester, ein<br />

Dozent, ein stiller Beobachter, zwei weibliche Lockvögel,<br />

dreißig Minuten Verspätung.<br />

Versuchsaufbau<br />

Montag, 10.30 Uhr, Audimax. Unser Assistent platziert<br />

sich heimlich als stiller Beobachter in einer<br />

18 – Campus – <strong>relatif</strong>


der hinteren Reihen und beobachtet das Geschehen.<br />

Der Hörsaal ist nahezu vollbesetzt mit Maschinenbauern.<br />

Durchführung<br />

Wir betreten den Raum und erzeugen das für das Experiment<br />

essentiell wichtige Geräusch von Stiefelabsätzen<br />

auf holzigem Untergrund. In gemäßigtem Tempo<br />

laufen wir die Stufen hinauf bis in die hinterste Reihe.<br />

Beobachtung<br />

Alle Köpfe drehen sich in unsere Richtung. Etwas<br />

verunsichert schreiten wir weiter voran. Ein erster<br />

vorsichtiger Pfiff von weiter hinten.<br />

Der Dozent unterbricht seinen Vortrag. Während<br />

wir tapfer die Treppe hoch laufen, stellt sich eine Beifallsbekundung<br />

in Form eines Pfeifkonzertes ein, woraufhin<br />

der ganze Saal in Lachen ausbricht. »Das ist ja alles<br />

ganz schön, aber jetzt gucken wir doch bitte wieder nach<br />

vorne«, mahnt der Dozent seine Schäfchen über Lautsprecher<br />

zur Ruhe. Oben angekommen nehmen wir,<br />

noch immer unter Beobachtung zahlreicher Augenpaare,<br />

auf der Treppe Platz und lauschen der allmählich<br />

abnehmenden Geräuschkulisse.<br />

Während die Maschinenbauermeute sich wieder dem<br />

Vortrag des Dozenten widmet, stellen wir erstaunt fest,<br />

dass ein bemerkenswerter Teil der anwesenden Studenten<br />

weiblich ist. <strong>No</strong>ch auffälliger sind aber die modischen<br />

Raffinessen der Maschis: Seit Jahren hält das<br />

sagenumwobene Karohemd (gerne »Holzfäller Art«)<br />

mit in der Brusttasche klemmendem Kugelschreiber<br />

das Zepter der Geschmacklosigkeit im Ärmel.<br />

Fazit<br />

Es stellt sich die Frage, warum die maschinenbauende<br />

Studentenschaft – trotz des wachsenden Frauenanteils<br />

innerhalb der Gemeinschaft – in Verzückung gerät,<br />

als wir den Raum betreten. Unsere Vermutung: Der<br />

Maschinenbauer ist sich seines weltfremden Images<br />

bewusst und fühlt sich verpflichtet, dieses aufrechtzuerhalten,<br />

indem er an Traditionen festhält. Diese Theorie<br />

begründet [begründet, nicht entschuldigt, Anm.<br />

d. Red.] im Prinzip jeden modischen Fauxpax sowie<br />

Verhaltensaufälligkeiten wie zuvor beschrieben.<br />

CHE-ranking<br />

nach der kirche<br />

in die bib<br />

Gute Bibliotheken sind eine wichtige Voraussetzung<br />

für ein erfolgreiches Studium – auch im Zeitalter<br />

von Internet und Google. Im Hochschulranking<br />

des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE)<br />

werden die Studenten deshalb auch nach ihrer Zufriedenheit<br />

mit dem Bibliotheks-Service gefragt.<br />

Von 61 Universitäten landete die RWTH bei dieser<br />

Frage im vergangenen Jahr auf einem schlechten<br />

52. Platz. Die befragten Studenten geisteswissenschaftlicher<br />

Fächer kritisierten insbesondere den<br />

schlechten Zugang zu elektronischen Zeitschriften,<br />

die mangelhafte Benutzerberatung sowie die Verfügbarkeit<br />

von Arbeits- und Lernplätzen. Besonders<br />

schlecht schnitt die RWTH auch bei der Frage<br />

nach den Öffnungs- und Ausleihzeiten ab.<br />

Zusätzlicher Raumbedarf, fehlende finanzielle<br />

Mittel und die Tatsache, dass es so viele kleine<br />

Einzelbibliotheken gibt – das sind die großen Probleme,<br />

sagt Ulrike Eich, Direktorin der RWTH-Hochschulbibliothek:<br />

»Wir wissen um die Mängel, sind<br />

aber dabei, unseren Service an einigen Stellen zu<br />

verbessern.« Schon Anfang 2008 soll die Zentralbibliothek<br />

am Templergraben auf das ehemalige<br />

Gebäude der physikalischen Chemie ausgeweitet<br />

werden. Zudem werden unter anderem die Toiletten,<br />

die Aufzüge und die Heizung saniert.<br />

»Wichtig ist es uns, die Transparenz unseres Bibliothek-Systems<br />

zu verbessern«, sagt Ulrike Eich. Dazu<br />

gehört unter anderem auch eine Verknüpfung mit<br />

dem Campus-System der RWTH. Auch bei den Öffnungszeiten<br />

will man sich verbessern. 24-Stunden-<br />

Bibliotheken wie an anderen Hochschulen wird es<br />

in Aachen zwar vorerst nicht geben – einer Initiative<br />

des <strong>AStA</strong>, die Bibliothek auch sonntags für die<br />

Studenten zu öffnen, steht man aber positiv gegenüber.<br />

Ulrike Eich: »Das kann ich mir gut vorstellen.<br />

Wir prüfen das gerade.«<br />

Text: Alexander Plitsch<br />

Text: Alexandra Wenzig und Lioba Schmid<br />

Fotos: Hans Christian Lüer und Alexander Plitsch<br />

Bücher dürfen bald auch sonntags bestaunt werden<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 19


mit freundlicher Unterstützung von<br />

Motiv: Fabian Jung<br />

Abbildung ähnlich<br />

Gewinne eines von drei T-Shirts! Wie das geht:<br />

Rätsel auf Seite 33 lösen und Antwort bis 20. Januar an<br />

<strong>relatif</strong>@asta.rwth-aachen.de senden. Viel Glück!<br />

Ein kleiner Tipp zum Rätsel:<br />

Katjas 8. Aussage verrät, wer die Wahrheit sagt.<br />

Make a Sign – Textildruck<br />

Seilgraben 33<br />

52062 Aachen<br />

Tel.: 0241 / 91 61 570<br />

www.mas24.de<br />

info@mas24.de


Fachkräftemangel<br />

INGENIEURE BRAUCHT DAS LAND<br />

Mit Zuwanderung, Qualifizierung und Nachwuchsförderung<br />

wollen Bund und Land gegen den Fachkräftemangel in den<br />

Ingenieur- und Naturwissenschaften vorgehen<br />

Andreas Pinkwart (FDP)<br />

Minister für Innovation,<br />

Wissenschaft, Foschung<br />

und Technologie NRW<br />

Annette Schavan (CDU)<br />

Bundesministerin für<br />

Bildung und Forschung<br />

Die Landesregierung stellt in<br />

den kommenden drei Jahren<br />

6,3 Millionen Euro bereit, um die<br />

Förderung des technisch-naturwissenschaftlichen<br />

Nachwuchses<br />

zu verstärken.<br />

»Die Berufsaussichten für Absolventen<br />

technischer Studiengänge<br />

sind hervorragend. Es geht aber<br />

angesichts 10.000 freier<br />

Ingenieursstellen in <strong>No</strong>rdrhein-<br />

Westfalen auch darum, die<br />

Innovationsfähigkeit des Landes<br />

zu sichern«, sagte Innovationsminister<br />

Andreas Pinkwart (FDP).<br />

Mit den neuen Fördergeldern<br />

soll die Landesinitiative Zukunftdurch-Innovation<br />

NRW (ZdI) für<br />

Ingenieurnachwuchs werben.<br />

Unter anderem soll mehr Oberstufenschülern<br />

Technikunterricht<br />

angeboten werden – zudem<br />

sind Aktionstage für Schüler an<br />

den Hochschulen und in Unternehmen<br />

geplant. Immerhin ist<br />

das Interesse an ingenieur- und<br />

naturwissenschaftlichen Studiengängen<br />

in diesem Wintersemester<br />

bereits um 11,2 Prozent<br />

gegenüber dem Vorjahr gestiegen.<br />

Diesem Trend trägt auch der<br />

Hochschulpakt des Bundes und<br />

der Länder Rechnung: Rund die<br />

Hälfte der 26.000 neuzuschaffenden<br />

Studienplätze in <strong>No</strong>rdrhein-<br />

Westfalen entstehen in den<br />

Ingenieur- und Naturwissenschaften.<br />

6,3 Milliarden<br />

für den Nachwuchs<br />

Unter Zugzwang ist auch die<br />

Bundesregierung geraten,<br />

nachdem eine aktuelle Studie des<br />

Instituts der deutschen Wirtschaft<br />

aufzeigt, dass der Fachkräftemangel<br />

Deutschland schon in<br />

diesem Jahr bis zu 20 Milliarden<br />

Euro kostet. Ändere sich nichts,<br />

könnten 2<strong>01</strong>4 schon 95.000 Ingenieure<br />

und 135.000 Naturwissenschaftler<br />

fehlen.<br />

Erste kurzfristige Maßnahmen<br />

hat das Bundeskabinett bereits<br />

beschlossen: Unter anderem<br />

sollen ausländische Absolventen<br />

mit deutschem Abschluss<br />

leichter Zugang zum deutschen<br />

Arbeitsmarkt erhalten, auf eine<br />

Vorrangprüfung zur Bevorzugung<br />

deutscher Bewerber wird zukünftig<br />

verzichtet.<br />

Bundesforschungsministerin<br />

Annette Schavan (CDU) plant<br />

zudem eine »Nationale Qualifizierungsoffensive«.<br />

Mithilfe eines<br />

Maßnahmenpakets soll die Zahl<br />

der Studien- und Schulabbrecher<br />

deutlich gesenkt werden, der<br />

Studierendenanteil eines Jahrgangs<br />

soll von derzeit 36 auf<br />

40 Prozent steigen. Das geplante<br />

Konzept wurde von der Hochschulrektorenkonferenz<br />

(HRK) begrüßt,<br />

gleichzeitig wurde jedoch<br />

angemahnt, dass dafür erst noch<br />

ein umfassendes Finanzierungskonzept<br />

vorgelegt werden müsse.<br />

Text: Alexander Plitsch<br />

Bildquellen:<br />

www.innovation.nrw.de; www.bmbf.de<br />

<strong>relatif</strong> – Campus – 21


eratung<br />

Nicht verzagen, Studis fragen<br />

Studenten beraten Unternehmen – das ist das Konzept der<br />

studentischen Unternehmensberatung aixsolution<br />

Career Center<br />

Das Career Center ist eine<br />

neue Servicestelle der RWTH.<br />

Ziel ist es, Unternehmen und<br />

Absolventen rechtzeitig miteinander<br />

in Kontakt zu bringen.<br />

Außerdem sollen die Studierenden<br />

der RWTH<br />

Aachen durch spezielle<br />

Seminar- und Informationsangebote<br />

bei der Berufsfindung<br />

und beim Einstieg in den Arbeitsmarkt<br />

unterstützt werden.<br />

Kompetent: das Vorstands-Team von aixsolution<br />

Egal ob eine Fusion ansteht,<br />

die interne Kommunikation nicht<br />

läuft oder ein Arbeitsprozess<br />

optimiert werden muss:<br />

Wer heute vor einem Problem<br />

steht, holt sich meist externe<br />

Berater oder Experten ins Boot.<br />

Dass man nicht unbedingt Absolvent<br />

mit jahrelanger Berufserfahrung<br />

sein muss, um andere zu<br />

beraten, beweist das Team von<br />

aixsolution.<br />

Leistungsstarke Studenten<br />

unterschiedlicher Fachrichtungen<br />

bieten Unternehmen ihre<br />

Beraterdienste an – ein Erfolgsmodell,<br />

sagt Vorstandsmitglied<br />

Niko Kanonis: »Oft sind Kunden<br />

nicht bereit, den Beratern für<br />

kleinere Arbeiten hohe Tagessätze<br />

zu zahlen. Wir arbeiten professionell<br />

und kreativ – und das zu<br />

einem Zehntel des Preises, den<br />

die großen Beraterfirmen verlangen.<br />

Außerdem unterstützen<br />

viele Unternehmen die Idee,<br />

motivierten Studenten eine<br />

Chance zu geben.«<br />

Zudem biete die Arbeit bei<br />

aixsolution den Mietgliedern eine<br />

tolle Gelegenheit, Praxiserfahrungen<br />

zu sammeln und<br />

Kontakte für die berufliche<br />

Zukunft zu knüpfen. Bei einem<br />

seiner jüngsten Projekte unterstützte<br />

das aixsolution-Team<br />

eine RWTH-Einrichtung: das neu<br />

eingerichtete Career Center<br />

(siehe Kasten).<br />

Die Berater sammelten Informationen<br />

zu Bedürfnissen und<br />

Präferenzen für eine effiziente<br />

Karrierevermittlung. Mit einer<br />

Onlineumfrage unter Studenten<br />

und einem breit angelegtem<br />

Telefoninterview bei Firmenvertretern<br />

gelang es, dem Team<br />

des Career Centers wichtige Informationen<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Im zweiten Teil des Projektes<br />

war dann Kreativität gefragt:<br />

Die Berater analysierten die Angebote<br />

kommerzieller Karriereportale<br />

und entwickelte daraus<br />

konkrete Empfehlungen für die<br />

Umsetzung des Career Center-<br />

Konzepts. »Für uns war es besonders<br />

spannend, bei einem Projekt<br />

zu helfen, das den Studenten der<br />

RWTH einen guten Einstieg ins<br />

Berufsleben ermöglicht«,<br />

sagt Niko Kanonis.<br />

Text: Alexander Plitsch<br />

Foto: Pawel Strzyzewski<br />

Das Seminarangebot reicht<br />

von Bewerbungstrainings über<br />

Zeit- und Selbstmanagement<br />

bis hin zu Präsentationstrainings<br />

und einem Workshop<br />

zu Stil & Etikette. Besonders<br />

interessant ist die Veranstaltungsreihe<br />

»Arbeiten bei…«,<br />

bei der sich namhafte Unternehmen<br />

präsentieren. Jeden<br />

Donnerstagabend stellt sich<br />

ein anderes Unternehmen mit<br />

Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten<br />

vor.<br />

Zusätzlich bietet das Team des<br />

Career Centers auch Bewerbungsmappenchecks,<br />

Beratungstermine zur Berufswahl<br />

und Informationen zu<br />

Arbeitsmärkten und Arbeitgebern<br />

an. In der Online-<br />

Stellenbörse sind Angebote<br />

zusammengestellt, die sich<br />

speziell an Absolventen der<br />

RWTH richten. Aber auch<br />

Praktikumsstellen für<br />

Studenten sind zu finden.<br />

www.rwth-aachen.de/career<br />

i<br />

Weitere Infos zu<br />

aixsolution im Netz:<br />

www.aixsolution.com<br />

Stammtisch zum Kennenlernen:<br />

erster Montag des<br />

Monats im Chico Mendes<br />

(Pontstr. 72—76), 19 Uhr<br />

22 – Karriere – <strong>relatif</strong>


jk becoming<br />

lm Lobbyist<br />

Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber ist einer.<br />

Al Gore auch. Doch was genau machen Lobbyisten<br />

eigentlich? Und wie wird man einer?<br />

Im Fernsehen, im Kino und in der Zeitung – überall<br />

sieht man Patienten, die erzählen, wie die forschenden<br />

Pharmaunternehmen ihnen helfen konnten.<br />

Es gibt nicht das eine forschende Pharmaunternehmen,<br />

also muss mehr dahinter stecken: Ein<br />

Industriezweig tut sich zusammen und erarbeitet<br />

gemeinsam öffentlichkeitswirksame Konzepte.<br />

Christian Kammel, Absolvent der RWTH Aachen,<br />

sagt: »Lobby- und Verbandsarbeit ist gerade in Märkten<br />

mit kleinen Anbietern notwendig, um das gemeinsame<br />

Gewicht in die Waagschale zu legen. So<br />

werden Entwicklungskosten durch Synergieeffekte<br />

gesenkt und die Politik hat einen gemeinsamen<br />

Ansprechpartner.« Der promovierte Bauingenieur<br />

arbeitet für die Gütegemeinschaft Stahlschutzplanken<br />

in Siegen. Seinen Weg dorthin fand er während<br />

seiner Tätigkeit als Assistent am Institut für Stahlbau.<br />

Kammel sieht vor allem die freie Standortwahl und<br />

die Vielfalt seiner Tätigkeit als große Vorteile. So ist<br />

er sowohl Berater für die Produzenten, als auch für<br />

die Auftraggeber – also die Politik – gleichzeitig aber<br />

auch noch verantwortlich für Materialtests.<br />

Darüber hinaus ist es in der Branche unerlässlich,<br />

Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, auch um die<br />

Perspektiven für das weitere Berufsleben zu erweitern.<br />

»Wer als Lobbyist arbeiten will, muss Netzwerker<br />

sein«, sagt auch Stefan Krämer. Der 26-Jährige<br />

hat in Köln Politik und VWL studiert und war unter<br />

anderem schon für Volkswagen in Brüssel tätig.<br />

Ursprünglich wollte Krämer Journalist werden - ein<br />

Praktikum in der PR-Branche hat ihn bewogen, die<br />

Seite zu wechseln. »Von meinen journalistischen Erfahrungen<br />

profitiere ich aber heute noch – vor allem<br />

von meinem Kommunikationstalent und der Fähigkeit,<br />

offen auf Menschen zugehen zu können.«<br />

Das Klischee kennt jeder: Ein Mann in seinen besten Jahren<br />

und im dunklen Anzug trifft sich mit Ministern und Abgeordneten<br />

und bietet ihnen Aktenkoffer voll Urlaubsgutscheinen<br />

an.<br />

Die üblichen Klischees von den bösen Lobbyisten,<br />

die im Hintergrund die Fäden ziehen, will Stefan<br />

Krämer nicht bestätigen. Ein Vorurteil treffe aber<br />

zu, sagt er schmunzelnd: »Fast jeden Abend treffe<br />

ich mich mit Geschäftspartnern oder Kollegen zum<br />

Essen oder auf einen Drink. Da wird dann die ganz<br />

große Politik gemacht.«<br />

Text: Hans Christian Lüer<br />

<strong>relatif</strong> – Karriere – 23


Lebenslauf-Aufmotzen leicht gemacht:<br />

Wir zeigen, wie mit wenigen Schritten<br />

die bisher rostige Vita auf Hochglanz<br />

poliert werden kann<br />

Erfolg im Beruf, das ist das Ziel<br />

der meisten Studenten. Wichtig<br />

ist dafür ein gelungener Einstieg<br />

nach dem Studium. Aber die<br />

Anforderungen der Unternehmen<br />

wachsen immer weiter<br />

– die meisten erwarten den perfekten<br />

Allrounder: Gute <strong>No</strong>ten,<br />

Praktika, Auslandserfahrungen<br />

und soziales Engagement. Was<br />

ist besonders wichtig, wie pimpt<br />

man den eigenen Lebenslauf am<br />

besten? »Das Schlüsselwort ist<br />

Frühzeitigkeit«, sagt Anja Robert,<br />

Leiterin des Career Centers der<br />

RWTH. In der neuen Service-Einrichtung<br />

der Hochschule können<br />

sich Studenten schon früh zu<br />

Karriere-Fragen beraten lassen,<br />

Seminare und Vorträge besuchen<br />

sowie Kontakte zu potenziellen<br />

Arbeitgebern knüpfen.<br />

(mehr auf Seite 22).<br />

Englisch ist ein Imperativ<br />

In jedem Fall empfehlenswert ist<br />

der viel gepriesene Auslandsaufenthalt,<br />

der »in die eigene Biographie<br />

passen sollte«, sagt Anja<br />

Robert. Im Klartext: Ein halbes<br />

Jahr Surfurlaub am Malibu Beach<br />

ist weniger wert als ein zum<br />

Studienfach passendes Auslandssemester<br />

oder -praktikum. Auch<br />

Markus Lorenz, Strategieberater<br />

bei der Boston Consulting Group,<br />

rät zum Auslandsaufenthalt:<br />

»Die Zeit fernab von Familie<br />

und Freunden attestiert dem<br />

Bewerber eine gewisse Selbstständigkeit,<br />

denn er muss die<br />

Herausforderungen des Alltags<br />

eigenverantwortlich meistern.«<br />

Auch ein Schüleraustausch werde<br />

schon als relevant gewertet. Für<br />

die Planung eines Auslandsaufenthaltes<br />

gibt es an der RWTH<br />

zahlreiche Anlaufstellen, zum<br />

Beispiel das International Office,<br />

Studentenorganisationen wie<br />

AIESEC oder Austauschkoordinatoren<br />

in den jeweiligen Fachbereichen.<br />

Um einen Überblick zu<br />

erhalten oder Fragen zu stellen,<br />

steht allen Studenten außerdem<br />

ein Berater des <strong>AStA</strong> zur Verfügung<br />

(mehr auf Seite 26).<br />

Grundvoraussetzung, etwa für<br />

den Einstieg bei internationalen<br />

Unternehmen, sind Fremdsprachenkenntnisse.<br />

»Perfektes<br />

Englisch ist ein Imperativ in der<br />

Berufswelt«, sagt Markus Lorenz.<br />

Andere Fremdsprachen spielten<br />

dagegen eine untergeordnete<br />

Rolle. Das bestätigt auch Andrea<br />

Diepen, Resourcing Specialist bei<br />

Den Lebenslauf aufpolieren – knifflig<br />

wie eine Partie Schach?<br />

Vodafone D2: »Selbstverständlich<br />

sind exotische Sprachkenntnisse<br />

kein Nachteil. Alltagsprache in der<br />

Berufswelt ist jedoch Englisch.«<br />

Prakitka als Türöffner<br />

Ein Auslandspraktikum oder<br />

-studium hat Henning Richter<br />

zwar nicht vorzuweisen – dafür<br />

wusste der 24-jährige Wirtschaftsinformatiker<br />

schon in der<br />

Anfangsphase seines dualen<br />

Studiums, was er wollte. Deshalb<br />

konnte er ganz gezielt Praktika<br />

machen: »Insgesamt sechs Stück<br />

zu jeweils drei Monaten. Von<br />

den Erfahrungen, die ich während<br />

der Praktika gesammelt<br />

habe, profitiere ich heute noch<br />

im Berufsalltag.« Mittlerweile ist<br />

Henning Projektleiter im Bereich<br />

»Dokumenten Management Systeme«<br />

in einem mittelständischen<br />

Unternehmen.<br />

Für Andrea Diepen von Vodafone<br />

D2 zählt bei der Auswahl der<br />

Praktika nicht allein der große<br />

Name der Firma: »Relevant ist<br />

die Dauer eines Praktikums.<br />

Man kann mehr lernen, wenn<br />

man mindestens zwei bis sechs<br />

Monate bei einem Unternehmen<br />

bleibt.« Mit einem längeren<br />

Praktikum kann man oft schon<br />

den Fuß in die Tür eines Unternehmens<br />

setzen. Uwe Holländer<br />

von der Business Services GmbH<br />

der Firma Bayer: »Aus der Praktikantenstelle<br />

entwickelt sich oft<br />

die Möglichkeit, die Diplomarbeit<br />

bei Bayer zu schreiben. Und<br />

daraus resultiert nicht selten eine<br />

Festanstellung.«<br />

Eine Alternative zum Praktikum<br />

kann ein Nebenjob als Werk-<br />

24 – Karriere – <strong>relatif</strong>


%Sp02<br />

130<br />

BPM<br />

80<br />

praktikum<br />

ausland<br />

ehrenamt<br />

fremdsprachen<br />

zielsetzung<br />

100%<br />

100%<br />

100%<br />

100%<br />

100%<br />

10.5 m/s<br />

MAXIMUM SPEED<br />

Von der Lebenslauf-Krücke zum beherzten Super-Sprinter – mit diesen Werten wird man uneinholbar<br />

student sein. Thomas Kowalczyk,<br />

der seinen Abschluss in den<br />

Fächern Kommunikations- und<br />

Medienwissenschaften an der<br />

Universität Duisburg-Essen<br />

gemacht hat, jobbte während des<br />

Studiums eineinhalb Jahre lang<br />

beim Klingeltonanbieter ZED.<br />

Heute ist der 27-Jährige Produktmanager<br />

bei Vodafone D2. Die<br />

früh gesammelte Berufserfahrung<br />

und sein robustes Netzwerk in<br />

einer Nischen-Branche seien ausschlaggebend<br />

für seine Karriere<br />

gewesen, sagt Thomas heute.<br />

Sein Rat: »Frühzeitig Kontakte<br />

pflegen und sich viel relevante<br />

Praxis aneignen, die in das eigene<br />

Gesamtkonzept passt.«<br />

<strong>No</strong>ch wenig Zuspruch<br />

für den Bachelor<br />

Die Bedeutung des Studienfaches<br />

bewerten die Unternehmen<br />

vollkommen unterschiedlich. »Es<br />

ist uns egal«, sagt etwa Markus<br />

Lorenz von der Boston Consulting<br />

Group. »Wir sind da aber sicher<br />

ein Extrem. Wir haben sogar<br />

eine Meeresbiologin in unseren<br />

Reihen. Die Vielfalt der Mitarbeiter<br />

ist uns wichtig, denn die<br />

besten Ergebnisse erzielen wir<br />

mit undefinierten Methoden.«<br />

Anders sieht es zum Beispiel bei<br />

der Firma Danone aus, sagt Personaldirektorin<br />

Judith Jungmann:<br />

»Ein falscher Studienschwerpunkt<br />

ist theoretisch keine unüberwindbare<br />

Hürde. Der Bewerber<br />

muss sich aber darüber im Klaren<br />

sein, dass die fachlich spezieller<br />

ausgebildete Konkurrenz die besseren<br />

Karten hat. Die Erfahrung<br />

zeigt, dass Fachfremde in unseren<br />

Assessment-Centern schlechter<br />

abschneiden.«<br />

Der Bachelor-Abschluss findet<br />

derzeit noch wenig Zuspruch<br />

bei vielen Unternehmen, denn<br />

die Personalchefs befinden ein<br />

dreijähriges Studium oft als zu<br />

kurz. Anja Robert vom Career<br />

Center: »Die Unternehmen sind<br />

auf den Bachelor noch nicht<br />

eingestellt. Deshalb empfehle ich,<br />

den Master zu machen, denn mit<br />

dem Bachelor allein stößt man oft<br />

an berufliche Grenzen.«<br />

Trotz aller Vorurteile hat der<br />

Bachelor einen entscheidenden<br />

Vorteil: In der Regel ist innerhalb<br />

von drei Jahren ein berufsqualifizierender<br />

Abschluss erreicht.<br />

Stellt man im Laufe des Studiums<br />

fest, dass das Fach die falsche<br />

Wahl war, kann die Ausbildung<br />

mit dem nonkonsekutiven Masterstudiengang<br />

in eine andere<br />

Richtung gelenkt werden, ohne<br />

den Absolventen als Studienabbrecher<br />

zu brandmarken. So<br />

hat etwa ein Psychologiestudent<br />

nach seinem Bachelor-Abschluss<br />

die Möglichkeit, den Master in<br />

Kriminologie zu absolvieren.<br />

»Die neuen Masterstudiengänge<br />

schießen wie Pilze aus dem<br />

Boden. Oft können die Unternehmen<br />

sie nicht einordnen. Grundsätzlich<br />

gilt deshalb, sorgfältig<br />

auszuwählen und ein fachlich<br />

möglichst spezifisches Studium<br />

auszusuchen«, rät Anja Robert.<br />

Als HiWi Einblicke in die<br />

Forschung bekommen<br />

Ist der lange Weg zum Master<br />

zurückgelegt, bleibt die Möglichkeit<br />

der Promotion. »Diese Option<br />

bietet sich bei Naturwissenschaftlern<br />

an, gerade wenn sie in den<br />

Bereich Entwicklung gehen«,<br />

sagt Uwe Holländer von Bayer.<br />

»Die meisten Stellen bei uns sind<br />

jedoch Diplomstellen.« Auch<br />

Markus Lorenz von der Boston<br />

Consulting Group misst dem<br />

Doktortitel keinen hohen Stellenwert<br />

zu – für eine Karriere<br />

in seinem Unternehmen sei er<br />

jedenfalls keine Voraussetzung.<br />

Markus Weiß tritt 2008 eine<br />

Assistentenstelle am Werkzeugund<br />

Maschinenlabor der RWTH<br />

(WZL) an und plant, dort auch<br />

zu promovieren. Durch seinen<br />

HiWi-Job am WZL hat er schon<br />

während seines Maschinenbaustudiums<br />

Kontakte im Institut<br />

<strong>relatif</strong> – Karriere – 25


<strong>AStA</strong>-Beratung<br />

Der lückenfüller<br />

Tobias Zimmermann berät zum Thema „Studieren im Ausland“<br />

knüpfen können: »Dazu ist ein<br />

Job als Hilfskraft optimal. Außerdem<br />

bekommt man dadurch die<br />

Chance, erste Erfahrungen in der<br />

Forschung schon während des<br />

Studiums zu sammeln.«<br />

Wichtig ist der rote Faden<br />

Um sich von der Masse abzuheben,<br />

können auch außeruniversitäre<br />

Tätigkeiten ein wichtiger<br />

Punkt im Lebenslauf sein. Soziales<br />

Engagement, ehrenamtliche<br />

Tätigkeiten, aber auch Mannschaftssport<br />

und andere Vereinsmitgliedschaften<br />

werden meist<br />

positiv bewertet und lassen<br />

Rückschlüsse auf die Persönlichkeit<br />

des Bewerbers zu.<br />

Insgesamt sind die Anforderungen<br />

an die Absolventen<br />

angesichts der großen Konkurrenz<br />

unter Akademikern auf dem<br />

Arbeitsmarkt gestiegen. Dennoch<br />

sollte man sich nicht verunsichern<br />

lassen, rät Anja Robert vom Career<br />

Center: »Oft sind die Anforderungsprofile<br />

der Unternehmen<br />

reine Wunschkonzerte. Wichtig ist<br />

es, frühzeitig einen roten Faden<br />

in den Lebenslauf zu bringen.«<br />

Für die Auswahl aus der Lebenslauf-Pimping-Palette<br />

hält Markus<br />

Lorenz von der Boston Consulting<br />

Group noch einen Ratschlag bereit:<br />

»Man sollte dabei immer den<br />

eigenen Neigungen und seinem<br />

Herzen folgen und sich nicht<br />

krampfhaft den Anforderungsprofilen<br />

der Firmen anpassen.«<br />

Text: Alexandra Wenzig<br />

Foto (Schach): Andreas Christ<br />

Bildquelle (Sprinter):<br />

mattdustin.wordpress.com/category/<br />

running/<br />

In Sachen Auslandsstudium Ansprechpartner Nr. 1 – Tobias Zimmermann<br />

Wer einen Auslandsaufenthalt<br />

plant, steht vor vielen Fragen:<br />

Wo soll es hingehen? Studium<br />

oder Praktikum? Und wer<br />

bezahlt das eigentlich alles?<br />

Es gibt zahlreiche Programme,<br />

Institutionen und Firmen,<br />

die ganz unterschiedliche<br />

Auslandsprojekte oder ein<br />

Studium in der Fremde ermöglichen.<br />

Damit die Auswahl<br />

etwas leichter fällt, bietet der<br />

<strong>AStA</strong> der RWTH eine Beratung<br />

zum Thema »Studieren im Ausland«<br />

an. Tobias Zimmermann<br />

hält alle Infos und Ansprechpartner<br />

bereit und unterstützt<br />

die Studenten mit wertvollen<br />

Tipps bei ihren Planungen.<br />

»Der Auslandsaufenthalt ist<br />

eine Lücke, die heute eigentlich<br />

kein Lebenslauf mehr<br />

aufweisen sollte«, sagt Tobias.<br />

»Und an der RWTH gibt es<br />

zahlreiche Möglichkeiten für<br />

die Studenten.« Das wohl bekannteste<br />

Programm stammt<br />

von der Europäischen Union,<br />

heißt Erasmus und bietet die<br />

Möglichkeit, für ein oder zwei<br />

Semester an einer anderen<br />

Hoch schule in Europa zu studieren.<br />

Ein weiteres Programm an der<br />

RWTH ist zum Beispiel T.I.M.E.,<br />

ein gemeinsames Projekt der<br />

ingenieurwissenschaftlichen Fakultäten<br />

der Ecole Centrale Paris<br />

und der Aachener Hochschule.<br />

Besonders beliebt ist auch das<br />

Deutsch-Chinesische Hochschulprojekt<br />

RWTH-Tsinghua. Ziel ist<br />

die Durchführung gemeinsamer<br />

englischsprachiger Master-Studiengänge,<br />

die zu einem Doppel-<br />

Master für die teilnehmenden<br />

Studenten beider Hochschulen<br />

führen.<br />

Natürlich gibt es viele andere<br />

Möglichkeiten – Stipendien,<br />

Praktika und andere spannende<br />

Wege, einige Zeit während des<br />

Studiums im Ausland zu verbringen.<br />

Ein Besuch in der Sprechstunde<br />

von Tobias Zimmermann<br />

lohnt sich also auf jeden Fall. Die<br />

Sprechzeiten sind mittwochs von<br />

11 bis 16 Uhr und donnerstags<br />

von 11 bis 14 Uhr im Sozialreferat<br />

des <strong>AStA</strong>.<br />

Text: Alexander Plitsch<br />

26 – Karriere – <strong>relatif</strong>


Interview<br />

Ehrgeiz und ein quäntchen glück<br />

Tipps vom Fachmann: Klaus Balzer ist Personalberater in Aachen<br />

<strong>relatif</strong>: Herr Balzer, abgesehen von der fachlichen Qualifikation<br />

– was muss der Absolvent für den Berufseinstieg<br />

außerdem mitbringen?<br />

Balzer: Wer in der heutigen Zeit Karriere machen will,<br />

braucht so genannte Soft Skills. Dieser Begriff beinhaltet<br />

Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Fairness und<br />

Einfühlungsvermögen. Weitere Soft Skills können zum<br />

Beispiel die intra- und interkulturelle Kompetenz, die<br />

Kommunikations- und Rhetorikkompetenz und die<br />

Führungskompetenz sein.<br />

<strong>relatif</strong>: Wie wichtig sind Soft Skills?<br />

Balzer: Soft Skills ergänzen sich mit der erlangten<br />

Fachkompetenz zu gleichen Teilen. Laut internationalen<br />

Studien basiert der Erfolg im Beruf zu jeweils<br />

50 Prozent auf Fachkompetenz und zu 50 Prozent auf<br />

den „weichen Faktoren“. Karriere werden im seltensten<br />

Falle diejenigen machen, die sich ausschließlich auf ihr<br />

Fachwissen stützen.<br />

<strong>relatif</strong>: Welche Möglichkeiten kann ein Student nutzen,<br />

um Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern aufzunehmen?<br />

Balzer: Neben dem Praktikum bieten so genannte Recruiting-Events<br />

die ideale Gelegenheit, erste Kontakte<br />

zu knüpfen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, sich in<br />

einem Netzwerk zu engagieren, um somit in Zukunft<br />

über diesen Weg schnell an Informationen zu gelangen<br />

und Kontakt zu knüpfen. Beste Möglichkeiten bietet<br />

hier zum Beispiel das Online-Netzwerk »XING«.<br />

<strong>relatif</strong>: Basierend auf Ihren Erfahrungen: Wie schätzen<br />

Sie die Chancen von Geisteswissenschaftlern auf dem<br />

Arbeitsmarkt ein?<br />

Balzer: Geisteswissenschaftler haben weiterhin einen<br />

schweren Stand auf dem Arbeitsmarkt. Germanisten,<br />

Anglisten und Amerikanisten sind beispielsweise über<br />

viermal so lange auf der Suche nach einer Arbeitsstelle<br />

wie Wirtschaftsingenieure, Betriebswirte oder Mathematiker.<br />

<strong>relatif</strong>: Woran liegt das?<br />

Balzer: Unter anderem daran, dass sie ihre berufliche<br />

Zielrichtung oft erst gegen Ende des Studiums finden,<br />

was die zielgerichtete Stellenrecherche erschwert. Zudem<br />

bewegen sich Geisteswissenschaftler hauptsächlich<br />

im öffentlichen Bereich, einem Umfeld, das in der<br />

Vergangenheit vornehmlich durch Stellenstreichungen<br />

von sich Reden gemacht hat.<br />

<strong>relatif</strong>: Heißt das, Sie würden von einem geisteswissenschaftlichen<br />

Studium eher abraten?<br />

UNSER<br />

experte<br />

Name:<br />

Klaus Balzer<br />

Alter:<br />

34<br />

Beruf:<br />

Selbstständiger<br />

Personalberater<br />

in Aachen<br />

Balzer: Keineswegs. Dem Nachfragerückgang in den<br />

originären Berufsbildern steht ein möglicher Berufseinstieg<br />

in Querschnittsfunktionen gegenüber, wie z.B. in<br />

der Öffentlichkeitsarbeit für Unternehmen oder auch<br />

in der Personalwirtschaft. Aufgrund der erworbenen<br />

Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsgeschick,<br />

Eigeninitiative und analytische Fähigkeiten sind<br />

Geisteswissenschaftler in der Wirtschaft mittlerweile<br />

gern gesehene Kandidaten.<br />

<strong>relatif</strong>: Inwiefern können Ihre Dienste als Personalberater<br />

Hochschulabsolventen auf den beruflichen Weg<br />

helfen?<br />

Balzer: Auf Grund meiner fast zehnjährigen Berufserfahrung<br />

in der Personaldienstleistung / Personalberatung<br />

verfüge ich über ein umfassendes Netzwerk zu<br />

führenden Unternehmen in Deutschland. Hochschulabsolventen<br />

helfe ich, sich ganz gezielt auf Unternehmen<br />

zu fokussieren, die zu ihnen passen. Darüber<br />

hinaus gestalten wir gemeinsam die Bewerbungsunterlagen<br />

und trainieren für Bewerbungsverfahren.<br />

<strong>relatif</strong>: Was war Ihrer Meinung nach ausschlaggebend<br />

für Ihre eigene Karriere?<br />

Balzer: Da würde ich wohl meine Beharrlichkeit, ein<br />

gesundes Maß an Ehrgeiz, Durchhalte- und Einfühlungsvermögen<br />

sowie natürlich auch das stets so gern<br />

zitierte notwendige Quäntchen Glück benennen wollen.<br />

Ansonsten bin ich bislang stets den richtigen Menschen<br />

zum richtigen Zeitpunkt begegnet. Außerdem<br />

mache ich meinen Job sehr gerne – eine gute Voraussetzung<br />

für Erfolg.<br />

Interview: Alexandra Wenzig<br />

<strong>relatif</strong> – Karriere – 27


portrait<br />

Von Harry potter gelernt<br />

Nachwuchsautor Bastian Baumgart, Student der RWTH,<br />

veröffentlicht im Januar seinen ersten Roman<br />

Der allmächtige Schöpfer des Schattenlandes sitzt<br />

in der Küche. In der Wohnung im fünften Stock lebt<br />

er gemeinsam mit seiner Freundin Hannah. Der<br />

Schöpfer heißt Bastian Baumgart, ist 22 und studiert<br />

Wirtschaftsingenieurwesen. Das Schattenland ist die<br />

Welt, in der sein erster Fantasy-Roman spielt.<br />

»Eigentlich fing alles im Religionsunterricht der<br />

Oberstufe an«, erzählt Bastian. Die Schüler sollten<br />

ein Referat über eine beliebige Religion oder Sekte<br />

vorbereiten. Da es zu viele Schüler für zu wenige<br />

Themen gab, erfand seine Gruppe kurzerhand<br />

eine Sekte: »Unsere Mitschüler mussten für unsere<br />

Fiktionen herhalten. Wir verfremdeten ihre Namen<br />

etwas, die Charaktereigenschaften blieben bestehen<br />

– positiv und negativ.« Damals entdeckte Bastian<br />

sein Talent für kreatives Schreiben und fing noch<br />

während der Schulzeit an, seinen eigenen Fantasy-<br />

Roman zu schreiben.<br />

»Wer am forscht, Roman: soll »Beispielsweise weniger Steuern in Schottland. zahlen« Dort saß<br />

sagte ich auf einer <strong>No</strong>rdrhein-Westfalens Wiese, betrachtete Innovationsminister<br />

die Landschaft und<br />

Andreas ließ mich Pinkwart vom Wasserlauf (FDP) dem eines Handelsblatt.<br />

Baches inspirieren.«<br />

Größter So könne Kritiker Deutschland seiner Schattenland-Geschichten doch noch das Lissabon- ist<br />

Ziel Bastians erreichen Freund – aus bis Schulzeiten, 2<strong>01</strong>0 die Gesamtausgaben Stephan Lemkens, für<br />

Forschung Computer-Mathematikstudent und Entwicklung von an derzeit RWTH. 2,5 Prozent Mit der<br />

auf nötigen 3 Prozent Distanz des zum BIP zu Roman steigern. entdeckte Stephan immer<br />

Pinkwarts wieder kleinere Vorschlag Logikfehler sieht vor, innerhalb dass Unternehmen der Handlung.<br />

Forschungs-Ausgaben Ob es da auch einmal zu zwischen 115 Prozent den Freunden von der<br />

ihre<br />

Steuer gekracht absetzen hat? »Nein, können, Basti ist Mittelständler ziemlich kritikfähig sogar und zu<br />

30 auch Prozent. allgemein Den ein sehr Staat pflegeleichter würde diese Zeitgenosse«,<br />

Förderung<br />

sagt Stephan schmunzelnd.<br />

Die Geschichte des Schattenlandes beginnt mit den<br />

beiden Hauptcharakteren, die durch die Rückkehr<br />

dunkler Mächte aus dem unbeschwerten Idyll ihrer<br />

Umgebung gerissen werden und fortan als König<br />

und Magier Verantwortung übernehmen müssen<br />

(siehe Kasten). Aus ihrer Überforderung heraus treffen<br />

sie unbedachte, naive Entscheidungen. Doch<br />

die Charaktere verändern sich im Laufe des Romans.<br />

»Meine Figuren brauchen Zeit, sich zu entwickeln.<br />

Es wäre unrealistisch, sie bereits im ersten Kapitel<br />

in den Krieg ziehen zu lassen. Deshalb geht es in<br />

meinen Romanen nicht nur um Schlachten und Action«,<br />

sagt Bastian.<br />

Im Wohnzimmer entlarvt ein ganzes Standregal voller<br />

DVDs den Studenten als Filmfan. Eine Wand ist<br />

mit mittelalterlich anmutenden Schwertern dekoriert.<br />

Daneben steht ein großes Bücherregal mit<br />

Reihen voller Lustiger Taschenbücher und Romane<br />

bekannter Autoren wie J.R.R. Tolkien, C.S. Lewis<br />

und Wolfgang Hohlbein. Bastians großes Vorbild ist<br />

aber J.K. Rowling, die geistige Mutter Harry Potters.<br />

Tatsächlich hat er erst nach dem Lesen der Potter-<br />

Bände den Entschluss gefasst, seine Ideen zu Papier<br />

zu bringen. »Inhaltlich haben meine Romane nichts<br />

mit Harry Potter zu tun. Doch ich habe versucht,<br />

einige markante Merkmale von Rowlings Schreibstil<br />

aufzugreifen«, sagt der 22-Jährige.<br />

Das Schreiben seiner Bücher erfordert viel Zeit,<br />

»doch die kreative Arbeit ist für mich der perfekte<br />

Ausgleich zum theorie- und technikbezogenen<br />

Studium«, erzählt Bastian. Selbst im Urlaub arbeitete<br />

Fantasy-Autor Bastian Baumgart<br />

»Mit meinen Romanen möchte ich auch Kritik an politischen<br />

Zu- und Missständen üben, die sich im Inhalt<br />

des Fantasy-Abenteuers widerspiegeln«, betont<br />

Bastian. Und Stephan fügt hinzu: »Das ist gerade das<br />

Schöne an der Schattenland-Reihe. Man kann sie<br />

einfach als unterhaltsames Fantasyabenteuer lesen<br />

oder aber den Inhalt hinterfragen und Parallelen zur<br />

Realität ziehen.« Diesen philosophischen Tiefgang<br />

28 – Karriere – <strong>relatif</strong>


würdigten auch die Lektoren des Schweitzerhausverlages,<br />

der die Geschichte des Schattenlandes in<br />

einer Trilogie veröffentlichen wird.<br />

Die Suche nach dem Verlag und das Verfassen des<br />

ersten Teils der Trilogie hat sehr viel Zeit in Anspruch<br />

genommen. »Oft habe ich mich gefragt, ob die ganze<br />

Arbeit nicht vollkommen sinnlos ist. Doch dann<br />

haben mich meine Freunde immer ermutigt, weiter<br />

zu machen«, erzählt Bastian. Seit drei Jahren arbeitet<br />

er nun an dem großen Traum, seine Romane in den<br />

Buchregalen seiner Freunde und Familie stehen zu<br />

sehen. Doch auch ein Buchautor muss mal ausspannen:<br />

»Natürlich habe ich auch andere Interessen. Ich<br />

genieße das Studenten-Dasein in Aachen sehr. Für<br />

einen gemütlichen Abend mit Freunden oder eine<br />

Party bin ich immer zu haben.«<br />

Text und Foto: Alexandra Wenzig<br />

infos zum buch:<br />

Im Wald der Elfen geht das Gerücht<br />

um, dass der alte Rat von den dunklen<br />

Schattenwesen getötet wurde. Von der<br />

Seherin, die die Geschicke des Volkes<br />

lenkt, fehlt jede Spur. Und das gerade zu<br />

dem Zeitpunkt, da die Völker der Elfen,<br />

Gebirgler und Menschen sich langsam<br />

wieder annähern. Für den unerfahrenen<br />

König Arxor steht jedoch fest: Er muss<br />

die Schatten, den düsteren Teil der<br />

eigenen Menschengeschichte, zurückschlagen,<br />

um den Elfen zu helfen und<br />

die alten Vorurteile zwischen den Völkern<br />

zu widerrufen. Mit Hilfe seines besten<br />

Freundes Schasar, der mitten in der<br />

Ausbildung zum Magier steht, führt der<br />

junge König die Menschen in den Krieg.<br />

Und gerade dort wittern die Dunklen ihre<br />

Chance. Denn erst, wenn der junge König<br />

das sichere »Weiße Schloss« verlässt,<br />

können sie ihre Aufgabe vollenden…<br />

Das Schattenland – Die Zusammenkunft<br />

erscheint am 18. Dezember im<br />

Schweitzerhaus Verlag.<br />

ISBN 978-3-939475-27-9<br />

18,50 Euro / 500 Seiten.<br />

Vorabbestellungen unter<br />

www.schattenland.eu<br />

<strong>relatif</strong> – Karriere – 29


hingehört<br />

Mach es dir doch selbst!<br />

Wider die Dudelfunk-Depression:<br />

Ausbildungsmöglichkeiten<br />

beim Hochschulradio<br />

Wenn Radios sprechen könnten, würden sie vielleicht<br />

erzählen wie deprimiert sie sind: viel Werbung,<br />

keine Abwechslung, ständig die gleiche Musik. Doch<br />

wie soll man dem eigenen Radio helfen? Ganz einfach:<br />

Selber machen! Das Hochschulradio Aachen<br />

bietet Studenten verschiedene Möglichkeiten zur<br />

Ausbildung, um so der fortschreitenden Dudelfunk-<br />

Depression ein Ende zu setzen.<br />

Austoben<br />

»Hier werden Soft Skills vermittelt und schon während<br />

des Studiums Einblicke in die Welt der Medien ermöglicht«,<br />

sagt Alexander Nieschwietz, Ausbildungsleiter<br />

beim Hochschulradio. »Die Leute können sich bei<br />

uns austoben und wichtige Kontakte knüpfen, die<br />

im späteren Berufsleben sehr nützlich sind.«<br />

Hochschulradio-Station: Mit High-Tech zur High Fidelity<br />

Beim Hochschulradio gibt es viele Möglichkeiten,<br />

sich aktiv einzubringen – das Motto lautet: Learning<br />

by Doing. Für die Ausbildung setzt man aber auch<br />

auf externe Trainer und Kooperationen mit der deutschen<br />

Welle sowie der Landesanstalt für Medien.<br />

Ausbilden<br />

Am Anfang der Ausbildung stehen drei Basis-Workshops,<br />

in denen auf die Arbeit im Radio vorbereitet<br />

wird. Alexander Nieschwietz: »Die Basis-Workshops<br />

werden während des Semesters mindestens einmal<br />

im Monat angeboten. Hier wird mit viel Spaß und<br />

guter Laune Wissen vermittelt und interaktiv gearbeitet.«<br />

Ausreizen<br />

Der erste Workshop heißt »Beiträge erstellen« und<br />

dauert zwei Tage. Hier werden Grundlagen, insbesondere<br />

Schreibkompetenz vermittelt – speziell<br />

auf Beiträge im Radio ausgerichtet. Beim eintägigen<br />

Workshop »Schreiben fürs Hören« werden wichtige<br />

Techniken erklärt, die bei guten Moderationen,<br />

Nachrichten und Kollegengesprächen zu beachten<br />

sind. »Moderation und Technik« heißt der letzte zweitägige<br />

Workshop, der einen ersten Eindruck vom<br />

Technik-Wust vermittelt, der einen im Studio erwartet.<br />

Für alle Kurse bekommen die Teilnehmer eine<br />

schriftliche Bescheinigung. Zur Unterstützung wird<br />

den Neulingen zudem von Anfang an ein Mentor<br />

zugeteilt, der sich im »Geschäft« schon ein wenig<br />

30 – Karriere – <strong>relatif</strong>


© Fabian Jung<br />

auskennt und ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht.<br />

Um erste Erfahrungen zu sammeln, ist jederzeit<br />

ein Einstieg als Sendeassistent möglich. Als solcher<br />

unterstützt man die Moderatoren und lernt so in der<br />

Praxis, wie der Laden läuft.Nach der Grundlagenausbildung<br />

ist der Anschluss an einen von vier Arbeitskreisen<br />

möglich. »In den Arbeitskreisen kann jeder<br />

seine Fähigkeiten und Interessen optimal ausleben.<br />

Wir haben nicht nur Jobs für Geisteswissenschaftler,<br />

auch Techniker und Designer können hier ihr Wissen<br />

mit einbringen«, sagt Alexander Nieschwietz.<br />

Austesten<br />

Der Arbeitskreis Wortredaktion kümmert sich um<br />

sämtliche Texte, ihm gehören die Redakteure und die<br />

Moderatoren an. Wer schon immer mal »on air« gehen<br />

oder professionell schreiben und recherchieren<br />

lernen wollte, kann seine berufliche Karriere in diesem<br />

Arbeitskreis beginnen. Der Arbeitskreis Musikredaktion<br />

richtet sich an alle, deren Leben von Musik<br />

bestimmt ist. Hier werden neue Musikstücke ausgewählt<br />

und Kontakte zu den Labels gepflegt. Wer hier<br />

arbeitet, bestimmt mit, was läuft.<br />

Ausmalen<br />

Öffentlichkeitsarbeit und Design sind die Themen des<br />

dritten Arbeitskreises. Hier wird für die dauerhafte<br />

Präsenz des Hochschulradios in der Presse gesorgt,<br />

Plakate und Flyer werden gestaltet, Events geplant,<br />

Pressemitteilungen verfasst und Kooperationen betreut.<br />

»Viele Studenten, gerade Geisteswissenschaftler,<br />

möchten später einen Beruf in der PR ergreifen«,<br />

sagt Benjamin Lüttgen, Leiter des Arbeitskreises.<br />

»Um hier einen guten Job zu bekommen, kann<br />

man gar nicht früh genug anfangen, Erfahrungen<br />

zu sammeln.« Das moderne Studio des Hochschulradios<br />

ist zudem ein Paradies für Technik-Begeisterte.<br />

Hier gibt es immer was zu frickeln.<br />

Auch Technik-Freaks kommen nicht zu kurz – die<br />

Homepage will zum Beispiel stets gepflegt werden.<br />

Deshalb gibt es den vierten Arbeitskreis Technik & IT.<br />

Wer sich nicht so richtig für einen Arbeitskreis entscheiden<br />

kann, hat übrigens auch die Möglichkeit,<br />

als freier Mitarbeiter überall mitzumischen.<br />

Die Möglichkeiten, sich im Hochschulradio zu engagieren,<br />

sind also vielfältig – Vorkenntnisse sind für<br />

eine Mitarbeit nicht notwendig. »Und entscheidend<br />

ist: Erwerb von Know-how und Spaß an der Sache<br />

schließen sich hier einander nicht aus«, sagt Benjamin<br />

Lüttgen.<br />

Text: Sarah Stommel; Foto: Maik Kawohl<br />

iHochschulradio-Frequenzen:<br />

99,1 und 95,35 MHz (über Kabel)<br />

Das Studio befindet sich in der<br />

Wüllnerstraße 5. Wer an einer Mitarbeit<br />

interessiert ist, kann jeden Dienstag um<br />

16 Uhr in die Sprechstunde kommen<br />

oder schreibt eine E-Mail an:<br />

ausbildung@hochschulradio-aachen.de<br />

<strong>relatif</strong> – Karriere – 31


nebenjob<br />

die gefühlsvermittlerin<br />

Eine Studentin dolmetscht den tschechischen Alemannia-Spieler Luboš Pecka,<br />

obwohl sie eigentlich lieber in der Erde buddelt.<br />

Zusana Dulíková ist 27 Jahre alt. Die gebürtige<br />

Slowakin lebt seit sieben Jahren in Deutschland und<br />

studiert derzeit Romanistik, Anglistik und Baugeschichte<br />

an der RWTH.<br />

Ihr Studium finanziert sie sich mit drei Nebenjobs: Sie<br />

arbeitet in einer Boutique, hilft bei Ausgrabungen<br />

unter dem Dom und seit August ist sie Dolmetscherin<br />

von Luboš Pecka, dem neuen Stürmer bei<br />

Alemannia Aachen.<br />

An diesen ungewöhnlichen Job geriet Zusana zufällig:<br />

»Aus heiterem Himmel bekam ich einen Anruf<br />

von einem Alemannia-Mitarbeiter, der fragte, ob ich<br />

an dem Job als Übersetzerin interessiert sei.« Seitdem<br />

erteilt sie dem tschechischen Spieler zwei- bis<br />

dreimal in der Woche Deutschunterricht und nimmt<br />

mit ihm zusammen Pressetermine wahr.<br />

Schon ihre Fächerwahl lässt erahnen, dass Zusana<br />

Freude an Sprachen hat. Das Feingefühl dafür entwickelte<br />

sie bereits in ihrer Kindheit. So wurde sie<br />

von ihrem Vater zweisprachig erzogen, lernte Tschechisch<br />

und Slowakisch. Überhaupt hat die Studentin<br />

eine ungewöhnliche Biografie vorzuweisen. Zweimal<br />

arbeitete sie bereits als Au-Pair in Irland, mit<br />

20 Jahren verließ sie ihre Heimat und kam nach<br />

Deutschland.<br />

Zusana war allein und hatte keine nennenswerten<br />

Sprachkenntnisse – doch sie lernte sehr schnell: »Ich<br />

musste ja ständig Deutsch sprechen, weil ich mich<br />

mit niemandem in meiner Muttersprache unterhalten<br />

konnte.« Aus ihrer Verwandtschaft lebt niemand<br />

in Deutschland, also musste Zusana von vorne<br />

beginnen und sich erstmal ein soziales Umfeld<br />

schaffen. Das war für das kontaktfreudige und abenteuerlustige<br />

Mädchen jedoch kein Problem. Neugewonnene<br />

Freunde wurden schnell zu einer Art<br />

Familie.<br />

So auch Luboš Pecka: Ihn und seine Familie hat Zusana<br />

mittlerweile ins Herz geschlossen. Sehr gut kann<br />

sie nachvollziehen, wie es ist, in einem fremden Land<br />

zu sein und die Sprache nicht zu beherrschen. Auch<br />

außerhalb ihrer offiziellen Arbeit hilft sie, wo sie<br />

kann. Beispielsweise wenn die beiden Kleinkinder<br />

der jungen Familie zum Impfen müssen oder Überweisungen<br />

anstehen.<br />

Alles in allem ist es eine Aufgabe, die viel Verantwortung<br />

mit sich bringt. Denn ohne Zusana wäre<br />

das Leben hier in Aachen für die Familie Pecka sehr<br />

viel schwieriger, da das Ehepaar auch kaum Englisch<br />

spricht. Zusana sieht sich nicht bloß als Übersetzerin<br />

der Sprache, sondern auch als Vermittlerin<br />

von Gefühlen: »Um authentisch zu sein, müssen<br />

auch Gefühle während eines Gesprächs mit transportiert<br />

werden. Das ist nicht immer einfach.« Doch<br />

diese Verantwortung übernimmt Zusana gerne.<br />

Schließlich ist aus dem ungewöhnlichen Arbeitsverhältnis<br />

eine echte Freundschaft geworden. Als<br />

Dolmetscherin würde Zusana später aber lieber nur<br />

nebenher arbeiten. Ihre größere Leidenschaft sind<br />

die Ausgrabungen – sie möchte Archäologin werden.<br />

Obwohl man meinen könnte, Zusana sei durch<br />

das Studium und ihre drei Jobs ziemlich ausgelastet,<br />

geht sie in der Freizeit auch noch tanzen: »Ich bin<br />

hyperaktiv«, sagt sie und lacht. »Am liebsten mag ich<br />

die lateinamerikanischen Tänze.«<br />

Text und Foto: Kim <strong>No</strong>bis<br />

Inzwischen ein eingespieltes Team: Alemannias Stürmer Luboš Pecka und seine Dolmetscherin Zusana Dulíková<br />

32 – Karriere – <strong>relatif</strong>


Rätsel<br />

Handynummer – doch von wem?<br />

Saskia hat Geburtstag und macht eine Bottle-Party.<br />

Unter anderem hat sie auch fünf gutaussehende<br />

Studenten eingeladen, die ihr sehr gut gefallen. Jeder<br />

dieser jungen Männer studiert etwas anderes.<br />

Außerdem bringt jeder ein anderes Lieblingsgetränk<br />

mit, trägt etwas anderes und hat einen anderen Musikgeschmack.<br />

Am nächsten Morgen wacht Saskia auf und hat einen<br />

kompletten Filmriss. Auf ihrem Handrücken<br />

steht – etwas verwischt, aber noch leserlich – eine<br />

Handynummer.<br />

Obwohl sie noch ziemlich verkatert ist, verabredet<br />

sie sich sofort mit ihren besten Freundinnen Katja<br />

und Miriam, um zu erfahren, was gestern Abend<br />

passiert ist und wer die Nummer auf ihre Hand geschrieben<br />

hat.<br />

Die beiden erzählen ihr einiges über den letzten<br />

Abend, doch sie widersprechen sich sehr oft. Schnell<br />

wird Saskia klar, dass nur eine von beiden die Wahrheit<br />

sagt und die andere lügt.<br />

Nach dem Gespräch ist sie so verwirrt, dass sie keine<br />

andere Möglichkeit sieht, als die Nummer zu wählen<br />

und so herauszufinden, zu welchem der Studenten<br />

sie gehört.<br />

Wenn man voraussetzt, dass eine von ihren Freundinnen<br />

immer die Wahrheit sagt und die andere bei<br />

jeder Aussage, die sie macht, lügt, hätte sie aus dem<br />

Gespräch trotzdem erfahren können, was sie wissen<br />

wollte.<br />

(Der Einfachheit halber heißt Lügen hier, das Gegenteil<br />

der Wahrheit zu sagen, sofern es ein »Gegenteil«<br />

gibt. Dies gilt ganz besonders bei den Zeitangaben:<br />

Wenn die Lügnerin also behauptet, dass X direkt<br />

nach dem Y-Studenten kam, dann heißt das, dass<br />

er in Wirklichkeit direkt vor ihm kam. Es ist nicht gemeint,<br />

dass er irgendwann früher kam oder dass beide<br />

auch eine Person sein könnten.)<br />

Katja: Matthias studiert BWL.<br />

Miriam: Der Klassik-Fan kam direkt nach demjenigen<br />

im roten T-Shirt.<br />

Katja: Der Punk-Fan trug ein weißes T-Shirt.<br />

Miriam: Der Hip-Hop-Fan trinkt kein Bier.<br />

Katja: Der Informatik-Student hört gerne Rock.<br />

Miriam: Katja lügt.<br />

Katja: Als letztes kam der Korn-Trinker.<br />

Miriam: Der vierte Gast studiert Architektur.<br />

Katja: Die Nummer hat dir der Student im<br />

grünen T-Shirt gegeben.<br />

Miriam: Simon hört kein Trance.<br />

Katja: Ich sage die Wahrheit<br />

Miriam: Daniel studiert Informatik.<br />

Katja: Andreas mag Bacardi-Cola nicht.<br />

Miriam: Der Sekt-Trinker kam früher als der<br />

Student, der Bacardi-Cola mitbrachte.<br />

Katja: Wenn du mich fragst, ob Miriam lügt,<br />

dann ist meine Antwort »ja«.<br />

Miriam: Die Nummer hat dir der Student im<br />

schwarzen T-Shirt gegeben.<br />

Katja: Der Medizin-Student kam direkt nach dem<br />

Bier-Trinker.<br />

Miriam: Der Student im schwarzen T-Shirt kam<br />

direkt vor demjenigen im blauen T-shirt.<br />

Katja: Der zweite der fünf Gäste studiert<br />

Architektur.<br />

Miriam: Der Student, der ein rotes T-Shirt<br />

anhatte, kam später als der Wein-Trinker.<br />

Katja: Der Medizin-Student kam direkt nach dem<br />

Soziologie-Studenten.<br />

Miriam: Christian kam später als der Architektur-<br />

Student.<br />

Wer gab Saskia seine Nummer?<br />

Sende Deine Lösung an<br />

info@<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de<br />

und gewinne das Shirt des Monats! (S. 20)<br />

i<br />

<strong>relatif</strong> – Karriere – 33


Weihnachten<br />

<strong>relatif</strong> kreativ<br />

Das Fest der Feste steht unmittelbar vor der Tür. Neben dem sanften Flair aus Glühwein,<br />

Spekulatius und Weihnachtsduft entsteht aber auch immer wieder ein bitterer Stress:<br />

Geschenke müssen her. Sei es für den oder die Liebste, Oma oder das Meerschweinchen.<br />

Doch was soll man nur schenken? Schokolade? Kugelschreiber? Seife?<br />

Die Mitglieder der <strong>relatif</strong>-Redaktion verraten, was bei ihnen dieses Jahr unter dem<br />

Weihnachtsbaum liegt:<br />

Anna Mavrommatis<br />

Ich finde es jedes Jahr aufs Neue schwer, etwas für<br />

meine Großmutter zu finden. An materiellen Dingen<br />

hat sie gar nicht so viel Spaß und Sachen, die sie<br />

braucht, kauft sie sich immer gleich selbst. Aber diesmal<br />

ist mir etwas eingefallen, über das sie sich bestimmt<br />

freuen wird: Zeit. Denn im Alltag nehme ich mir viel<br />

zu wenig Zeit, mal etwas mit ihr zu unternehmen. Also<br />

schenke ich ihr zu Weihnachten einen gemeinsamen<br />

Abend. Wir gehen ins Konzert, in die Oper<br />

oder vielleicht ins Theater, was gerade<br />

läuft und uns beiden gefällt. Ich<br />

bin mir sicher, dass ihr das viel<br />

Freude bereitet, und das<br />

Schöne ist: mir auch.<br />

Lioba Schmid<br />

Meine Schwester geht Ende Dezember für ein Jahr<br />

nach Australien. Eine so lange Zeit ohne Freunde und<br />

Familie ist bekanntlich nicht so einfach. Um ihr den<br />

Abschiedsschmerz und das Heimweh ein wenig zu erleichtern,<br />

schenke ich ihr eines dieser Freundschaftsbücher,<br />

das einen an die Grundschulzeit erinnert. Natürlich<br />

bekommt sie es nicht, um ihre neuen Freunde<br />

darin zu sammeln. Sie bekommt es fertig ausgefüllt<br />

von allen, die ihr am Herzen liegen. Damit<br />

sie uns überall mit hinnehmen kann<br />

– und in Heimwehzeiten etwas zu<br />

lachen hat.<br />

!<br />

?<br />

Alexander Plitsch<br />

Meine Nichte blättert schon wieder<br />

dauernd in diesen Weihnachts-<br />

Spielzeugprospekten. Wie sie ihre Wünsche<br />

auswählt? Sie sucht einfach alles heraus, was glänzt,<br />

glitzert, rosa oder pink ist und irgendwas mit Prinzessinnen<br />

zu tun hat. Aber nicht mit mir! Ich kaufe<br />

ihr etwas Gescheites: ein Lego-Piratenschiff oder ein<br />

ferngesteuertes Auto oder so. Wenn’s ihr nicht gefällt,<br />

schiebe ich alles aufs Christkind und spiel halt selber<br />

mit den Sachen.<br />

Stefanie Schmidt<br />

Dieses Jahr schenke ich meiner<br />

Mutter einen selbst beklebten Stuhl.<br />

Nicht selbstklebend, versteht sich. Denn Stühle<br />

sind immer gut: zum Sitzen, zum Wippen oder auch<br />

zum Umschmeißen, wenn´s denn so weit kommt. Und<br />

was ist besser als etwas, das praktisch und auch noch<br />

von Herzen kommt (was nicht auf alles zutrifft: Eine<br />

Nudelmaschine kommt nicht von Herzen, das macht<br />

mir keiner weiß). Meine Mutter bekommt einen Stuhl,<br />

damit sie hin und wieder innehält.<br />

34 – Leben – <strong>relatif</strong>


Jungs fragen, Mädels antworten…<br />

und andersrum<br />

Warum zeigt Ihr uns Eure Brüste im Bikini,<br />

aber nicht im BH?<br />

Frage: Bei der Ersti-Rallye im Oktober ist es mir mal<br />

wieder aufgefallen: Als ich am Elisenbrunnen vorbeikam,<br />

breitete gerade ein Bauingenieur-Tutorium seine<br />

Klamotten auf dem Boden aus – die Aufgabe: Kleiderkette.<br />

Nach fünf Minuten hatten sich die Jungs bis<br />

auf ihre Boxershorts ausgezogen und standen in<br />

der Kälte. Die Mädels hingegen legten ihre Jacken<br />

ab, die Gürtel und genierten sich dann schon bei<br />

den Socken. Keine aber traute sich, ihre Hose abzulegen<br />

– na gut – aber wäre denn nicht zumindest<br />

das Oberteil drin gewesen? Ich meine, in derselben<br />

Woche war ich in den Carolus<br />

Thermen. Und hat sich dort<br />

irgendein Mädchen oder eine<br />

Frau im Bikini vor den Männern<br />

geniert? Natürlich nicht!<br />

Also Mädels, wie kommt das:<br />

Wieso dürfen wir Euch im Bikini<br />

bewundern, im BH aber<br />

nicht?<br />

Antwort: Das ist eine berechtigte,<br />

aber schwer zu beantwortende<br />

Frage.<br />

Auch wenn es für Euch Jungs<br />

auf den ersten Blick keinen<br />

Unterschied machen mag –<br />

Bikini oder Unterwäsche in<br />

der Öffentlichkeit, das sind<br />

für uns zwei ganz verschiedene Welten. Vielleicht<br />

schlägt da ja einfach die gute Erziehung unserer Mütter<br />

und Großmütter durch. Aber das ist nicht anzunehmen.<br />

Wahrscheinlicher für unsere peinliche Berührung<br />

in solchen Momenten sind folgende Gründe:<br />

Es könnte sein, dass wir unsere schönsten Dessous<br />

tragen und dadurch viel weniger bedeckt wäre<br />

als beim Bikini. Außerdem würden Euch bei diesem<br />

Anblick die Augen ausfallen und das wollen<br />

wir uns doch lieber ersparen. Vielleicht haben wir<br />

unsere Dessous aber auch gerade nicht drunter und<br />

wollen uns nicht die Blöße geben, uns mit der verwaschenen<br />

Snoopy-Collection von H&M zu zeigen – die<br />

übrigens total angesagt war, als wir zwölf waren. Nicht<br />

vergessen darf man auch, dass die durchschnittliche<br />

Frau gefühlte 500 Problemzonen hat, die zwar nicht<br />

unbedingt immer existent sind, uns aber trotzdem vor<br />

jeder Entkleidung durch den Kopf gehen. Das ist bei<br />

einer spontanen Aktion wie der Kleiderkette ein großes<br />

Problem. Auf den Sommer und damit die Bikinizeit<br />

können wir uns zumindest mental, wenn auch leider<br />

nicht immer physisch vorbereiten.<br />

Glaubt Ihr, dass alle Schwulen Euch am liebsten<br />

anspringen würden?<br />

Frage: Was ist nur los mit euch Jungs? Wenn Ihr beim<br />

Fußball ein Tor schießt, liegt Ihr Euch minutenlang in<br />

den Armen. Wenn Ihr feiert und trinkt, singt Ihr eng<br />

umschlungen Eure Lieder. Und wenn Ihr dann zu viel<br />

getrunken habt, haltet Ihr Euch gegenseitig die Köpfe<br />

über der Kloschüssel. Aber outet sich ein Kerl Euch gegenüber<br />

als schwul oder haltet Ihr ihn auch nur dafür,<br />

bricht plötzlich Panik aus. Ihr wisst nicht wohin mit<br />

euch, habt Angst vor jeder Berührung und davor, der<br />

Typ könnte sich ohne Vorwarnung auf Euch stürzen.<br />

Er könnte Euch »anschwulen«, wie Ihr gerne bemerkt.<br />

Was geht da in Euch vor? Ihr<br />

geratet ja auch nicht in Panik,<br />

wenn wir Mädels uns als heterosexuell<br />

zu erkennen geben.<br />

Bei uns habt Ihr keine Panik,<br />

dass wir über Euch herfallen.<br />

Warum glaubt Ihr dann, dass<br />

schwule Männer nicht die<br />

Hände von Euch lassen können?<br />

Antwort: Erstens: Warum sollten<br />

wir uns davor fürchten,<br />

dass heterosexuelle Frauen<br />

über uns herfallen könnten?<br />

Einen größeren Wunsch haben<br />

wir nicht! Dann zur eigentlichen<br />

Frage – die ist wirklich<br />

sehr einfach zu beantworten: Wir haben nix gegen<br />

Schwule, aber wir wissen nun mal wie Männer ticken.<br />

Da kann man ja nur Angst haben! Bei Euch Mädels rätseln<br />

wir die ganze Zeit herum: Was will sie jetzt genau?<br />

Was erwartet sie von mir? Bei den Schwulen aber wissen<br />

wir ganz genau: Die sind nur auf Beutejagd wie alle<br />

anderen Jungs auch – und wir wollen nicht das nächste<br />

Opfer sein. Deshalb ist es uns auch schleierhaft, warum<br />

Ihr Mädels nicht andauernd Angst vor uns habt. Habt<br />

Ihr in Wahrheit aber wohl auch, denn warum sonst solltet<br />

Ihr Euch alle einen schwulen Kerl als besten Freund<br />

halten? Doch nur, weil Ihr Euch bei ihm keine Sorgen<br />

machen müsst, angegraben zu werden. Wenn Ihr dann<br />

diesen metrosexuellen, gepflegten und gut riechenden<br />

Typen mit in die Disco nehmt, habt Ihr gleich noch einen<br />

Schutzwall gegen all die behaarten und verschwitzten<br />

Macho-Männer. Währenddessen sind wir den schwulen<br />

Anmachen wehrlos ausgeliefert. Vielleicht schmeicheln<br />

uns diese Anmachen sogar und wir sind nur um unser<br />

Image besorgt.<br />

Text: Lioba Schmid, Anna Mavrommatis, Alexander Plitsch<br />

<strong>relatif</strong> – Leben – 35


ausgetestet<br />

probieren über studieren<br />

Der sichere Weg zum Pröbchen<br />

Der Student hat bekanntlich<br />

nicht viel Geld. Er muss sich<br />

mit unterbezahlten Nebenjobs<br />

sein täglich Brötchen verdienen<br />

und schaut schon ein paar Cent<br />

Kopiergeld mit feuchtem Auge<br />

hinterher. Da ist von »Ich gönne<br />

mir heute mal was« nur selten<br />

die Rede. Also muss der Student<br />

zu anderen Tricks greifen, um im<br />

teuren Alltag über die Runden zu<br />

kommen.<br />

Besonders bei Drogerieprodukten<br />

staunt der Student nicht selten<br />

über den Preis. So sind<br />

Hautcremes oder Parfums meist<br />

nur zum Gucken, aber nicht zum<br />

Anfassen da. Aus dieser <strong>No</strong>t hat<br />

der Student eine Tugend gemacht<br />

und drei Strategien im Umgang<br />

mit Verkäufern entwickelt, um den<br />

Griff in die Pröbchenschublade zu<br />

erzwingen – denn Pröbchen sind<br />

wie für Studenten gemacht: Sie<br />

sind umsonst!<br />

Drei Typen lassen sich bei der<br />

Pröbchenjagd unterscheiden:<br />

Der Experte<br />

Dies ist eine einfache aber sichere<br />

Methode, um an viele Pröbchen<br />

zu kommen: Vom Moment an,<br />

in dem Du den Laden betrittst,<br />

gibst Du Dich als Kenner in<br />

Sachen Pflegeartikel und Düfte<br />

aus. Sätze wie »Ich hatte schon<br />

diese Hautcreme von Chanel und<br />

dieses Parfum von Boss, aber jetzt<br />

brauche ich was Neues« zeigen<br />

dem Verkäufer, dass Du Dich mit<br />

den Produkten beschäftigt hast.<br />

So muss er schon nachdenken,<br />

bevor er Dir etwas anbietet, denn<br />

mit etwas »Gewöhnlichem« wirst<br />

Du Dich sicher nicht begnügen.<br />

Also bleibe hart und vertraue auf<br />

die Macht der Täuschung und<br />

Du wirst am Ende mit einer Tüte<br />

voller Cremes und Düfte den<br />

Laden verlassen, ohne nur einem<br />

einzigen Cent hinterhertrauern<br />

zu müssen. Aber Vorsicht: Um<br />

Deine Expertentarnung nicht<br />

zu verlieren, solltest Du nicht<br />

anfangen über chemische Dinge<br />

wie PH-Werte zu diskutieren – da<br />

ziehst Du meist den Kürzeren. Vor<br />

allem wenn du damals im Chemie-<br />

Unterricht immer die Deutsch-<br />

Hausaufgaben gemacht hast.<br />

Der Neugierige<br />

Auch ein gutes Mittel ist die<br />

vorgetäuschte Neugier. So freuen<br />

sich Verkäufer, wenn sie merken,<br />

dass sie Dir ihr breites Wissen<br />

über die spannende Welt der<br />

Düfte und Pflegeartikel unter<br />

Beweis stellen können – und<br />

Du interessierst Dich auch noch<br />

dafür. Einfach freundlich zuhören<br />

und Phrasen wie: »Ach ja?«<br />

oder »Das hab ich auch noch<br />

nicht gewusst!« loslassen und<br />

der Verkäufer ist Dein Freund.<br />

Allerdings braucht man dazu<br />

eine gehörige Portion Geduld.<br />

Es kann zur Herausforderung<br />

werden, sich loszueisen und<br />

deutlich zu machen, dass man sich<br />

ja eigentlich nur mal informieren<br />

wollte. Dennoch: Am Ende hast<br />

Du Versuchspäckchen en masse!<br />

36 – Leben – <strong>relatif</strong>


Tester<br />

nicht zum Verkauf<br />

Der Verzweifelte<br />

PROBE<br />

Natürlich bleibt immer die<br />

Möglichkeit, sich als völlig<br />

verzweifelter, vom Einkaufsstress<br />

geplagter Kunde ausgegeben,<br />

der auf der Suche nach dem<br />

passenden Geschenk schon fast<br />

die Hoffnung aufgegeben hat.<br />

»Ich suche schon so lange und<br />

finde einfach nicht das Richtige!«<br />

Besonders jetzt im aufkommenden<br />

Weihnachtsgeschäft werden viele<br />

sich so verhalten. Deshalb ist zu<br />

beachten: Man muss Euch die<br />

Verzweiflung abkaufen. Aber<br />

wenn Ihr zum Beispiel sagt, Euer<br />

Bruder oder Eure Schwester<br />

wünschten sich einen neuen<br />

Duft, aber sie seien so wählerisch,<br />

dann bekommt Ihr bestimmt das<br />

ein oder andere Pröbchen zum<br />

Mitnehmen!<br />

Für alle drei Typen gilt: Sei<br />

authentisch! Das ist das<br />

Geheimnis für einen erfolgreichen<br />

Beutezug durch die Drogerien<br />

und Parfumerien. Ein<br />

Nachmittagsmarsch durch mehrere<br />

Geschäfte, und Ihr habt ausgesorgt.<br />

Man glaubt kaum, wie lang so ein<br />

Pröbchen hält, wenn man sparsam<br />

ist. Und das ist der Student ja<br />

gewohnt.<br />

Text: Mark Allhoff<br />

<strong>relatif</strong> – Leben – 37


weit weit weg:<br />

händchen halten verboten<br />

Die zwei haben‘s gut – Moped statt Handkarre<br />

Die Hölle von Vellore – ein typisch indisches Verkehrschaos<br />

Die Zeit vergeht ganz schön<br />

schnell, wenn man erstmal weg<br />

ist. Jetzt ist schon Tag 55, fast ein<br />

Drittel meines Indien-Abenteuers<br />

liegt hinter mir. In diesen zwei<br />

Monaten ist so viel passiert wie<br />

in zwei Jahren daheim. Hier wird<br />

man mit einer komplett anderen<br />

Realität konfrontiert, einem Leben<br />

jenseits von Bürokratie und Pünktlichkeit.<br />

In Indien geht alles etwas<br />

langsamer als in Deutschland. Bis<br />

auf den Verkehr vielleicht, auf dem<br />

Weg zur Arbeit bange ich täglich<br />

um mein Leben. Beim Bus zum<br />

Beispiel hoffe ich jedes Mal, dass er<br />

auch dort stehen bleibt wo ich<br />

warte. Denn Haltestellenschilder<br />

gibt es nicht, maximal ein bushaltestellenähnliches<br />

Gerüst. Ist<br />

der Bus da, beginnt das Chaos:<br />

Rennen, quetschen, stolpern.<br />

Riesenschritt in den Bus. Auf einen<br />

Sitzplatz hoffen – wenn nicht:<br />

gut festhalten, Beine fest auf den<br />

Boden stemmen und beten. Aufpassen,<br />

dass ich mich nicht auf die<br />

Männerseite stelle. Bedauern, dass<br />

ich mir nicht die Ohren zuhalten<br />

kann, um nicht taub zu werden.<br />

Ergattere ich doch einen Sitzplatz:<br />

Hoffen, dass keine Mutter ihr Kind<br />

auf meinen Schoß setzt und dass<br />

ich durch die Menge überhaupt<br />

wieder zur Tür komme. Und bei<br />

aller Anstrengung zerfließe ich vor<br />

Hitze – so eine Busfahrt ist wirklich<br />

kein Vergnügen.<br />

Höllenfahrt per Rikscha<br />

Deshalb bevorzuge ich mittlerweile<br />

Rikschas. Hier muss man nur<br />

aufpassen, dass die Fahrer keine<br />

utopischen Preise verlangen. Aber<br />

ich habe mittlerweile herausgefunden,<br />

welche Preise realistisch sind<br />

und was zu weit geht.<br />

Doch auch eine Rikschafahrt kann<br />

sich zur Höllenfahrt entpuppen.<br />

Neulich hielt es ein sehr engagierter<br />

Rikschafahrer bei irrwitzigem<br />

Tempo nicht für nötig, auf die<br />

Straße zu achten. Er schaute lieber<br />

mit breitem Grinsen zu uns nach<br />

hinten, dann nach links, dann<br />

nach rechts – und wieder nach<br />

hinten. Warum nicht nach vorne?<br />

Zwischendurch sprang noch ein<br />

Bekannter auf, was den Guten nur<br />

noch mehr animierte, uns mit seinen<br />

Fahrkünsten zu imponieren.<br />

Grinsend sauste er um die Kurven,<br />

ohne die geringste Einsicht in den<br />

Gegenverkehr. Dass wir nicht in<br />

ein entgegenkommendes Auto,<br />

einen Hund, Esel oder eine heilige<br />

Kuh gerast sind, gleicht einem<br />

Wunder. Am Ziel angekommen<br />

zeigte er euphorisch auf seine Uhr<br />

und sagte: »Fast, fast!«. Ich war nur<br />

froh, aus diesem Höllenschlitten<br />

zu kommen und nicht mit meinem<br />

Leben bezahlt zu haben. Er wollte<br />

nur die abgesprochenen 40 Rupies<br />

haben.<br />

Männer ans Steuer<br />

In Indien wird das Reisen zum<br />

Risiko für Leib und Seele: Im Zugverkehr<br />

kommt es jedes Jahr zu<br />

400 bis 500 Unfällen. Und 85.000<br />

Menschen sterben jährlich auf<br />

Indiens Straßen. Hierzulande kann<br />

Mann allerdings nicht behaupten,<br />

dass Frauen die Unfallerzeuger<br />

sind, denn kaum eine Frau traut<br />

sich in den Straßenverkehr. Die<br />

einzigen fahrenden Frauen, die<br />

ich kennen gelernt habe, sind<br />

für Inderinnen sehr emanzipiert<br />

und wollen beide nach England<br />

auswandern.<br />

38 – Leben – <strong>relatif</strong>


Carolin Trefzger ist 24 und studiert seit 2004 Logopädie<br />

in Heerlen, Niederlande.<br />

Eine Vorlesung »Studieren im Ausland« brachte<br />

sie und eine Freundin auf die Idee, nach Indien zu<br />

gehen. Fast ein Jahr benötigten die beiden für die<br />

Planung, mittlerweile sind sie seit zwei Monaten in<br />

Indien. Carolin verbrachte diese Zeit im Christian<br />

Medical College (CMC) in Vellore. Hier macht sie ein<br />

logopädisches Praktikum, obwohl sie die Sprache<br />

des Landes nicht spricht.<br />

»Als Logopäde hat man oft mit Schlaganfallpatienten<br />

zu tun. Hier geht es dann um das erneute Anlernen<br />

des Schluckens oder auch um Atemtechniken. Da<br />

kann man ohne weiteres ohne die jeweilige Sprache<br />

auskommen« erzählt Carolin.<br />

»Außerdem kann bei der logopädischen Arbeit mit<br />

behinderten Kindern vieles über Gestik und Mimik ablaufen.«<br />

Den zweiten Teil ihres Praktikums wird Carolin in<br />

Chennai (Madras), in einer Schule für Taube verbringen.<br />

»Da kann ich auf Englisch mit den Lehrern<br />

und Schülern kommunizieren. Das ist zur Abwechslung<br />

ganz beruhigend, wo doch alles andere noch so<br />

spannend und neu für mich ist«, sagt Carolin.<br />

DIE KORRES-<br />

PONDENTIN<br />

Name:<br />

Carolin Trefzger<br />

Alter:<br />

24<br />

Beruf:<br />

Logopädie-Studentin<br />

in Heerlen (NL)<br />

Hochzeit nach Horoskop<br />

Als Frau hat man es aber wirklich<br />

nicht allzu leicht. Nimmt man<br />

zum Beispiel das Thema Liebe. Es<br />

gibt quasi keine Liebeshochzeiten,<br />

wichtig sind die passende Kaste<br />

und das Horoskop. Ja wirklich, das<br />

Horoskop. Wenn die Horoskope<br />

von Mann und Frau nicht zusammenpassen,<br />

findet die Hochzeit in<br />

den meisten Fällen nicht statt. Das<br />

muss man sich mal vorstellen. Ich<br />

vergleiche auch manchmal Horoskope,<br />

aber zum Vergnügen und<br />

nicht als Ausschlusskriterium.<br />

Ist die Heirat beschlossene Sache,<br />

muss die Familie der Tochter die<br />

Hochzeitsfestlichkeiten übernehmen<br />

und dazu kommt auch<br />

noch die Mitgift. Später lebt die<br />

verheiratete Tochter jedoch bei<br />

der Schwiegermutter und ihrem<br />

Ehemann.<br />

Eine schöne Vorstellung!<br />

Staat der Zärtlichkeit<br />

Als ich erst eine Woche in Indien<br />

war, habe ich in der Zeitung über<br />

eine Razzia am Strand von Chennai<br />

gelesen. Bei der Razzia ging<br />

es nicht um Drogen, Prostitution<br />

oder andere schlimme Sachen, die<br />

einem so in den Sinn kommen. Es<br />

handelte sich um eine Razzia, die<br />

es auf Pärchen abgesehen hatte.<br />

Verliebte Pärchen, die am Strand<br />

sitzen und sich die Zeit vertreiben.<br />

Diejenigen, die erwischt wurden,<br />

mussten mit aufs Polizeirevier.<br />

Nachdem sie registriert worden<br />

waren, wurden sie von ihren Eltern<br />

abgeholt. In dem Artikel wurde<br />

auch ein Gesetz zitiert, das es den<br />

Indern verbietet sich zu umarmen,<br />

Ochse – nicht heilig aber sehr nützlich<br />

Händchen zu halten oder auch<br />

im Sand versteckt Händchen zu<br />

halten. Ganz schön kurios.<br />

Geht nicht, gibt‘s nicht<br />

Doch trotz dieser Unterschiede in<br />

vielen kulturellen Fragen und den<br />

Angstzuständen, die mich bei fast<br />

jeder Rikschafahrt heimsuchen,<br />

fange ich an, mich hier zuhause<br />

zu fühlen. Das liegt auch und vor<br />

allem daran, dass die Menschen,<br />

mit denen ich zu tun habe, extrem<br />

ehrlich, freundlich und unkompliziert<br />

sind. Wenn ich hier, egal wo,<br />

ein »Nein! Das geht nicht!« erwarte,<br />

weil ich es so aus Deutschland<br />

gewohnt bin, höre ich stattdessen<br />

»<strong>No</strong> problem, no problem!« und es<br />

wird nach einem Weg gesucht.<br />

Das liegt auch nicht daran, dass<br />

man mir meine Herkunft ansieht.<br />

Die Inder zeugen von einer<br />

Flexibilität sondergleichen. Davon<br />

könnte sich manch ein Dienstleister<br />

in Deutschland noch eine dicke<br />

Scheibe abschneiden.<br />

<strong>relatif</strong> – Leben – 39


Kultur<br />

veranstaltungstipps<br />

Aus Omas Weihnachtsstube<br />

Nikoläuse, Engel, Lametta und weihnachtliche Nussknacker.<br />

Das Couven Museum der Stadt Aachen zeigt<br />

in diesem Jahr eine bunte Auswahl an historischem<br />

Christbaumschmuck. Alles was Menschen schon immer<br />

an der Weihnachtszeit fasziniert hat, ist in dieser<br />

Ausstellung zu finden.<br />

a Bis zum 3. Februar im Couven Museum<br />

Alle Register des Lebens<br />

Max Klinger war einer der wichtigsten Künstler zwischen<br />

Gründerzeit und Erstem Weltkrieg. Zu seinem<br />

150. Geburtstag präsentiert das Suermondt-Ludwig-<br />

Museum die Zyklen »Rettung Ovidischer Opfer«,<br />

1879, »Eva und die Zukunft«, 1880, »Intermezzi«,<br />

1881, »Eine Liebe«, 1887, »Brahmsphantasie«, 1894<br />

und »Vom Tode Zweiter Teil«, 1898-1910.<br />

a Bis zum 3. Februar im Suermondt-Ludwig-Museum<br />

Iconic Target<br />

Edwin Zwakman untersucht in umfangreichen Serien<br />

von Fotografien, Installationen und Skulpturen<br />

die Manipulation der Wirklichkeit durch mediale Bilder.<br />

Der niederländische Künstler geht von visuellen<br />

Signalen wie etwa dem UN-Zeichen aus. Er stößt in<br />

seiner Bearbeitung in politische, kriegerische und<br />

soziale Brisanz-Zonen vor. Zwakman verdeutlicht<br />

eindringelich, wie die Wahrnehmung der Realität<br />

und ihre künstlerische Darstellung von der Globalisierung<br />

geformt werden.<br />

a Bis zum 24. Februar im Ludwigs-Forum<br />

Karl May in 90 Minuten<br />

Geht nicht, gibt’s nicht!<br />

Nicht weniger als 53 Romane<br />

und eine Reihe von Gedichten<br />

sollen in 90 Minuten<br />

kennengelernt werden.<br />

Wer bislang überzeugt<br />

war, Karl May habe nur<br />

»Winnetou« und ein paar<br />

»Wüstenromane« geschrieben,<br />

der wird von den vielen<br />

abwechslungsreichen<br />

Romanen begeistert sein.<br />

Von Frauen in Führungspositionen<br />

bis hin zum Thema Wellness lässt das<br />

Programm keine Wünsche offen.<br />

Bis Januar im Theater 99, weitere Infos auf der Internetseite:<br />

www.akut-theater99.de<br />

Shrek the Third (OF) (Shrek der Dritte)<br />

Mi, 19. Dezember 2007, 20:00 Uhr, Aula<br />

Lizenz zum Heiraten (License to Wed)<br />

Mo, 7. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Das Bourne Ultimatum (The Bourne Ultimatum)<br />

Mi, 9. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Die Herbstzeitlosen (OmU)<br />

Mo, 14. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Dead Men Don‘t Wear Plaid (OmU) (Tote tragen keine Karos)<br />

Mi, 16. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Vier Minuten<br />

Mo, 21. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Cannes Rolle<br />

Mi, 23. Januar 2008, 20:00 Uhr, Fo1<br />

Pans Labyrinth (OmU) (El Laberinto del Fauno)<br />

Mo, 28. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Ratatouille (OF)<br />

Mi, 30. Januar 2008, 20:00 Uhr, Aula<br />

Quelle: www.kulthit.de<br />

40 – Leben – <strong>relatif</strong>


RWTH Big Band<br />

Die Big Band der RWTH gibt am Freitag, 25. Januar,<br />

zusammen mit der Big Band der Uni Köln ein Konzert<br />

im Jakobshof. Das Repertoire der Band ist vielseitig.<br />

Vom Big Band Swing bis hin zu Klassikern der Filmmusik<br />

ist für jeden Musikgeschmack etwas dabei.<br />

Das Konzert beginnt um 20 Uhr.<br />

The killer in me is the killer in you my love<br />

Das Theaterstück erzählt von der aufregenden und<br />

zugleich erschreckenden Welt der Heranwachsenden.<br />

In seinem preisgekrönten Werk gelingt es Andri<br />

Beyler mit eindrucksvollen Dialogen, der Sprachlosigkeit<br />

der Jugend Ausdruck zu verleihen. Das Stück<br />

ermöglicht Einblicke in die Gefühlswelten der einzelnen<br />

Charaktere und schafft so einen beeindruckenden<br />

Überblick.<br />

Die Premiere des Stücks ist am Mittwoch, 13. Dezember,<br />

im Mörgens.<br />

»Spitzenreiter« – Höhepunkte und Breitseiten<br />

aus vier Programmen<br />

Kabarett, das man live erlebt haben muss. Am Mittwoch,<br />

16. Januar, tritt HG. Butzko im Theatersaal der<br />

Mensa Academica in der Turmstraße 3 auf. Butzko<br />

kann wie kein Zweiter Bösartigkeiten aus heiterem<br />

Himmel fallen lassen und gleichzeitig das Komische<br />

in den Katastrophen des Lebens entdecken. Er<br />

nimmt kein Blatt vor den Mund und strapaziert so<br />

das Zwerchfell des Zuschauers.<br />

Das Programm beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt für Studenten<br />

beträgt vier und für alle anderen fünf Euro.<br />

Hochschulsportshow<br />

Die Hochschulsportshow, am Dienstag den 29. Januar,<br />

ist ein abwechslungsreiches Erlebnis. Im Rahmen<br />

der Show präsentieren Gruppen aus den unterschiedlichsten<br />

Sportarten ihr Können und sorgen<br />

für Spannung und Unterhaltung. Von orientalischem<br />

Tanz über Kung Fu bis hin zu Aerobic lässt das Programm<br />

am Königshügel keine Wünsche offen. Im<br />

Anschluss findet wie jedes Jahr eine Aftershowparty<br />

statt.<br />

Einlass ist um 17.45 Uhr, die Ehrung der Sportler<br />

beginnt um 18.30 Uhr. Die Show startet um 19 Uhr.<br />

Karten im Vorverkauf gibt es ab dem 8. Januar im<br />

Hochschulsportzentrum, im Hauptgebäude und<br />

beim <strong>AStA</strong> der RWTH.<br />

<strong>relatif</strong> – Leben – 41


ezept<br />

Weihnachten am schwarzen meer<br />

Petar spricht über Weihnachten und Sylvester in seiner Heimat und verrät ein tolles Rezept<br />

Weihnachten feiern wir in meiner Heimat Bulgarien<br />

ähnlich wie die Deutschen. Es ist vor allem ein Fest<br />

der Familie und der Nächstenliebe:<br />

Man geht in die Kirche, es gibt Geschenke und<br />

leckeres Essen. Einen Weihnachtsbaum haben wir<br />

auch, allerdings stellen wir den immer schon ein<br />

oder zwei Wochen vorher auf. In Bulgarien fasten<br />

viele Menschen 40 Tage vor Weihnachten.<br />

Am 24. Dezember gibt es dann zum Abschluss der<br />

Fastenzeit ganz bescheidenes Essen. Es werden einfach<br />

viele verschiedene Speisen auf den Tisch gestellt,<br />

ihre Anzahl muss der Tradition nach ungerade<br />

sein. Oft dabei sind Kohlrouladen, gefüllte Weinblätter<br />

oder Paprika, eingelegtes Gemüse, Trockenobst,<br />

Honig und Brot. Und natürlich fließt reichlich Wein<br />

und Schnaps (Rakia).<br />

Am 25. Dezember gibt es dann ein größeres Essen,<br />

in meiner Familie meistens Gans. Die Geschenke gibt<br />

es entweder am Abend des 24. oder am Morgen des<br />

25. Dezember. Sie werden nicht wie in Deutschland<br />

vom Christkind, sondern vom Weihnachtsmann<br />

gebracht, also dem netten alten Mann aus der Coca-<br />

Cola-Werbung. Während der kommunistischen Ära<br />

war das Weihnachtsfest in Bulgarien verboten –<br />

damals brachte uns Väterchen Frost die Geschenke<br />

am 31. Dezember.<br />

Auch heute wird Sylvester noch sehr groß gefeiert<br />

bei uns. Die wichtigste Tradition: die Banitza. Das ist<br />

ein großes Brot, von dem jeder um null Uhr ein Stück<br />

bekommt. Darin befinden sich kleine Zettelchen mit<br />

Glücksbotschaften darauf. Und einer findet in seinem<br />

Stück Brot eine Münze: Er wird im kommenden<br />

Jahr viel Geld verdienen. Letztes Jahr hatte ich dieses<br />

Glück, auf das Geld warte ich immer noch.<br />

Name:<br />

Petar Tochevski<br />

Alter:<br />

23<br />

Heimat:<br />

Haskovo in Bulgarien<br />

Beruf:<br />

Student an der RWTH<br />

Kommunikationswissenschaften,<br />

Politik<br />

und Psychologie<br />

Rezept für eine Banitza<br />

Zutaten:<br />

1 kg Mehl, 100 ml Pflanzenöl, 100 g zerschmelzte<br />

Butter, 1 Esslöffel Essig, Eier, 400 g zerbröckelter<br />

Feta-Käse, 1 Teetasse Sprudel<br />

Zubereitung: Aus dem Mehl, ein wenig Wasser (ungefähr<br />

eine halbe Teetasse), dem Essig und dem<br />

Salz wird einen weicher Teig geknetet. Dieser wird<br />

in 6 Portionen geteilt, zu kleinen Bällen geformt,<br />

mit Mehl bestäubt, mit einem Tuch abgedeckt, und<br />

gehen gelassen. Gleichzeitig wird die Füllmasse aus<br />

vier verquirlten Eiern und dem zerbröckelten Käse<br />

zubereitet. Die Teigportionen werden nacheinander<br />

ausgerollt, bis die Teigblätter eine Dicke von<br />

2 Millimetern haben.<br />

Die Teigblätter werden nacheinander in eine gefettete<br />

runde Form gegeben, wobei jedes Teigblatt<br />

mit der zerlaufenen Butter und mit einem Teil der<br />

Füllung bestrichen wird. Das letzte Teigblatt wird<br />

nur mit Fett bestrichen. Die Banitza wird mit einem<br />

scharfen Messer in Quadrate geschnitten und wird<br />

mit einem Gemisch aus 3 verquirlten Eiern und<br />

dem Sprudel übergegossen. Sie wird im vorgeheizten<br />

Backofen bei 180 Grad gebacken, bis sie<br />

sich goldbraun färbt.<br />

Die Zettel mit den Glücksbotschaften (z.B. Glück<br />

in der Liebe, Erfolg im Job, usw.) sowie die Münze<br />

sollten in Alufolie gewickelt werden, bevor man sie<br />

in das Brot steckt.<br />

Guten Appetit!<br />

Text: Petar Tochevski; Foto: imagefrombulgaria.com<br />

42 – Leben – <strong>relatif</strong>


Euregionale<br />

Die Route Charlemagne<br />

Aachen zeigt sich historisch, europäisch und wissenschaftlich<br />

Nachdem der Traum des Bauhaus Europa, welches<br />

Geschichte und Profil Aachens hinter großen Glasfronten<br />

bergen sollte, geplatzt ist, hat die Initiative<br />

EuRegionale 2008 nun einen neuen Ent wurf zu Tage<br />

gebracht: Die Route Charlemagne.<br />

Eine euregionale Idee, die genauso tri na tional wie<br />

viel-, besser dreiseitig ist: Denn Aachen ist his torisch,<br />

europäisch und wissenschaftlich zugleich. Drei<br />

Merkmale, die schon immer zu den Stärken dieser<br />

Stadt gehörten. Die RWTH liefert mit dem neuen<br />

Super C neben dem Hauptgebäude einen ganz konkreten<br />

Anhalt(s)-punkt auf dieser Route. Eine Multivisionsschau<br />

soll hier die aka de mische Seite der Stadt<br />

demonstrieren. Diese Verdichtung von Wissen und<br />

Wissenschaft soll im Früh jahr 2008 fertig gestellt<br />

sein.<br />

Was steht noch auf dem Plan? Ein kurzer Abriss:<br />

Verwaltungsgebäude (Katschhof): Zentrale Anlaufstelle.<br />

Soll Dauer- und Wechselausstellungen<br />

be herbergen, daneben sind ein erweiterter Bürger-<br />

Service und ein Café geplant.<br />

Rathaus: Hier wird es in verschiedenen Räumen<br />

Ausstellungen (u.a. über den Karlspreis) geben, im<br />

Krönungssaal werden sich Audioinstallationen befinden.<br />

Grashaus: Der neogotische Lesesaal im Anbau des<br />

Gebäudes wird zum »Euregionalen Klassen zimmer«,<br />

außerdem ist der Schwerpunkt Wirtschaft angesetzt.<br />

Kirche St. Paul: Vor einem interreligiösen Hintergrund<br />

soll Platz für Veranstaltungen in Kombination<br />

mit wechselnden Ausstellungen und Seminaren geboten<br />

werden.<br />

Euregio-Park (Platz vor St. Michael, Jesuitenstraße):<br />

Soll mit großen ab stra hier ten Dar stel lungen des Amphitheaters<br />

und des Babelturms versehen werden,<br />

die Verstehen und Missverstehen bzw. Ver ständ nis<br />

und Unverständnis symbolisieren.<br />

Weitere Anlaufstellen der Route: Haus Löwenstein,<br />

Zeitungsmuseum, Elisenbrunnen und -garten, Stadttheater<br />

Text: Stefanie Schmidt<br />

Bildquelle: www.aachen.de/bauhaus_europa/daten/tschapeller.jpg<br />

iWeitere Informationen unter:<br />

www.route-charlemagne.eu<br />

© Wolfgang Tschapeller<br />

Architekt; Wien / Österreich<br />

Es sollte nicht sein – das Bauhaus Europa wurde abgelehnt. Die Route Charlemagne wird zur Alternative<br />

<strong>relatif</strong> – Leben – 43


sport<br />

getestet: Wir gehennordic walking<br />

am Stock<br />

Drei Jungs, sechs Stöcke und der Hangeweiher –<br />

oder: Wie viele Schnecken werden eigentlich im Jahr<br />

durch <strong>No</strong>rdic Walker aufgespießt?<br />

Der Klimawandel ist eine Herausforderung für viele:<br />

Eskimos verlieren Haus und Hof, Eisfischer müssen<br />

sich Boote zulegen und Skiliftbetreiber können ihren<br />

Job an den Haken hängen. Die richtige Antwort auf<br />

den Wandel hat hingegen die Skistock-Industrie gefunden<br />

– das Stichwort lautet: <strong>No</strong>rdic Walking. Was als<br />

Marketing-Gag der Industrie geplant war, wurde von<br />

übermotivierten Sportlehrern aufgegriffen – mittlerweile<br />

laufen mehrere Millionen Deutsche mit Stöcken,<br />

um später nicht am Stock gehen zu müssen. Tante Gerda<br />

macht’s, die Dicke von gegenüber auch und sogar<br />

Oma geht jetzt ab und zu mit Opa im Park »wallken,<br />

weil dat is jut für die Gelenke«. Alles Vorurteile? Wir<br />

wollten es wissen und haben uns selbst in der neuen<br />

Trendsportart versucht – beim Einsteigerkurs des<br />

Hochschulsportzentrums.<br />

An die Stöcke, fertig, los!<br />

»So, du kriegst die 120er, für dich sind die 125er und<br />

für dich die 130er.« Fröhlich drückt Maria Sperle jedem<br />

von uns ein paar Stöcke in die Hand. Sören kann<br />

es sich nicht verkneifen: »Haben die Leute, die Müll<br />

aufsammeln gehen, nicht auch solche Stöcke mit Spitzen<br />

dran?« Maria überhört den Spruch – oder tut zumindest<br />

so – und nimmt uns mit zur Gruppe. Zehn<br />

Mädels, 20 Augenpaare und alle scheinen zu sagen:<br />

»Was zum Henker wollt ihr denn hier?« Kein Problem,<br />

nett lächeln und natürlich cool wirken – was nicht<br />

so einfach ist, denn schon beim Anlegen der Stöcke<br />

kommen wir nicht ohne Hilfestellung aus. Dann aber<br />

kann es losgehen, Runde um Runde um den Hangeweiher.<br />

»Was du machst ist der Parallelschritt, wir<br />

laufen aber im Diagonalschritt. Lauf ganz natürlich!«,<br />

sagt Maria. Die Trainerin gibt ein paar Anweisungen<br />

und erklärt die Technik, wir haben uns unauffällig<br />

schon am Ende der Gruppe eingereiht.<br />

»Gott, seid ihr peinlich.«<br />

Blöd nur, dass wir an dieser Position die Ersten sind,<br />

die die hämischen Rufe und Gesten der Jogger abbekommen.<br />

Mit zwei Extragängen im Lauftempo ziehen<br />

diese immer wieder an unserer Gruppe vorüber.<br />

Keine blöden Witze, aber Blicke getreu dem Motto:<br />

»Gott, seid ihr peinlich.« Doch nach kurzer Zeit verkraftet<br />

das ein beherzter <strong>No</strong>rdic-Walker. Unser Enthusiasmus<br />

wird dann aber spätestens durch eine joggende<br />

Gruppe Neunjähriger gebrochen, die uns mit großer<br />

Verwirrung betrachten und ebenfalls überholen.<br />

Wir halten fest: <strong>No</strong>rdic Walking ist nicht gerade ein<br />

spannungsgeladenes, aufregendes Sport-Feuerwerk.<br />

Dafür ist es entspannend, kommunikativ und mit<br />

Sicherheit schonend für die Gelenke.<br />

Text: Alexander Plitsch, Sören Helbing und Hans Christian Lüer<br />

Foto: Alexander Plitsch<br />

44 – Leben – <strong>relatif</strong>


sport<br />

Bäm, alter!<br />

der karate-test<br />

Männer, die mit der Hand Steine zerteilen, meditierende<br />

Asiaten und Chuck <strong>No</strong>rris. Diese Bilder haben<br />

wir im Kopf, als wir die Turnhalle betreten.<br />

Dann die Überraschung: Die Halle ist komplett verspiegelt<br />

und erinnert an einen Ballettsaal. Verstohlen sehen<br />

wir uns um, gehen dann zögernd auf die Jungs in Bademänteln<br />

zu. Unauffällig im Hintergrund bleiben, so<br />

haben wir uns das Karate-Probetraining vorgestellt.<br />

Einziger Haken: unser Outfit. Neongrün und knalltürkis<br />

– nur Marsmännchen würden neben den Profis<br />

im Sauna-Look mehr Blicke auf sich ziehen.<br />

Ballett statt Kamikaze<br />

Dann geht es los, und zwar barfuß. Wir laufen uns<br />

warm, kreisen mit den Armen und hüpfen seitwärts.<br />

Erst nach einer halben Stunde ist das Aufwärmen vorbei.<br />

Wir sind jetzt schon aus der Puste und haben Hitzewallungen<br />

– das kann ja heiter werden! »Kämpfen wir<br />

jetzt?«, fragt Anna gespannt. Doch zu früh gefreut:<br />

Eine weitere halbe Stunde vergeht ohne Schlagen,<br />

Brüllen und Treten. Stattdessen wälzen wir uns auf<br />

dem Boden, lockern die Hüfte und versuchen einen<br />

Spagat. »Also doch Ballett«, schießt es uns durch den<br />

Kopf. Dann eine letzte Streckübung – geschafft. Wir<br />

plumpsen zu Boden.<br />

»Alle in einer Reihe aufstellen« ruft Trainer Phillip.<br />

Also wieder hoch und brav nebeneinander aufstellen.<br />

Die Karateordnung: erst die Fortgeschrittenen, nach<br />

Gürtelfarbe sortiert, dann die Anfänger.<br />

Schlüsselwort: Körperspannung<br />

Phillip zeigt uns die Kampfposition. Wir jubeln innerlich,<br />

jetzt wird’s spannend! »Schulterbreit hinstellen,<br />

leicht in die Knie und mit den Armen Gesicht und<br />

Brustkorb schützen.« Muskeln, deren Existenz wir<br />

nur erahnt hatten, werden jetzt gebraucht – Körperspannung<br />

scheint hier das Schlüsselwort zu sein. Wir<br />

hüpfen vor und zurück, belauern uns. »Ernst bleiben,<br />

nicht lachen!«, fordert uns ein Bademantelträger auf.<br />

»Einfacher gesagt, als getan«, murmeln wir. Endlich<br />

führt uns Phillip eine Schlagtechnik vor – das wurde<br />

aber auch Zeit! Langsam aber sicher schwinden unsere<br />

Hemmungen und das Lachen bleibt aus. Konzentriert<br />

boxen wir in die Luft. Dann ist es auch schon vorbei.<br />

Wir stellen uns noch mal in einer Reihe auf, knien uns<br />

hin, verbeugen uns.<br />

Wenn wir eins beim Karateprobetraining gelernt<br />

haben, dann das: Klischees sollte man zu Hause lassen.<br />

Karate hat mehr mit Körperbeherrschung zu<br />

tun als mit Kamikazekämpfen. Unser Resümee:<br />

Hat man seine Hemmungen einmal über Bord geworfen,<br />

macht Karate richtig Spaß. Dieser Kampfsport<br />

stärkt Kondition, Körpergefühl, Muskelkraft<br />

und Haltung. Aber vor allem ist Karate kein<br />

Männersport, sondern auch für Frauen geeignet.<br />

Text: Lioba Schmid und Anna Mavrommatis<br />

Foto-Montage: Sören Helbing<br />

<strong>relatif</strong> – Leben – 45


DER Freizeit-Tipp:<br />

Zurück in die Vergangenheit<br />

Einfach mal abschalten – in der nostalgischen Elisabeth-Schwimmhalle ist das noch möglich<br />

Klausuren, Vorlesungen, Seminare und Übungen.<br />

Habt Ihr manchmal den Wunsch, dem Studiums-<br />

Alltag zu entfliehen?<br />

Dann haben wir genau den richtigen Tipp für Euch:<br />

die Elisabeth-Halle – ein Schwimmbad im Jugendstil<br />

aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Es steht<br />

mitten in der Aachener Innenstadt, in der Elisabethstraße.<br />

Der Besuch in diesem außergewöhnlichen<br />

Bad vermittelt das Gefühl, dem Alltag ein Stück<br />

entkommen zu sein. Das Elisabeth-Bad ist eine Abwechslung<br />

zu den sonst so sterilen und nüchternen<br />

Schwimmhallen in Aachen und Umgebung. Schon<br />

beim Betreten hat man das Gefühl, eine kleine Zeitreise<br />

zu machen. Rund um das Becken sind kleine<br />

Umkleidekabinen mit Vorhängen angeordnet, von<br />

welchen man direkt an das Becken gelangt. Die High-<br />

lights des Jugendstilbades sind der Neptunbrunnen<br />

im ehemaligen Männerbad und das Relief »Badende<br />

Frauen« im ehemaligen Frauenbad.<br />

Öffnungszeiten Montag: 06:30 — 18:00 Uhr<br />

dienstag: 06.30 — 21:00 Uhr<br />

mittwoch: 12:00 — 20:00 Uhr<br />

donnerstag: 06:30 — 21.00 Uhr<br />

Freitag: 06:30 — 21:00 Uhr<br />

Samstag: 07:00 — 14:00 Uhr<br />

Sonntag: geschlossen<br />

Eintrittspreis:<br />

Text: Lioba Schmid<br />

(mit Studentenrabatt) 2 Euro<br />

keine Zeitbegrenzung<br />

rabattkarten werden angeboten<br />

impressum<br />

Campus-Magazin »<strong>relatif</strong>«<br />

Homepage: www.<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de<br />

E-Mail: info@<strong>relatif</strong>.rwth-aachen.de<br />

Herausgeber: <strong>AStA</strong> der RWTH Aachen<br />

Turmstraße 3<br />

52072 Aachen<br />

Redaktion: Hans Christian Lüer<br />

(V.i.S.d.P)<br />

Alexander Plitsch<br />

Lioba Schmid<br />

Satz/Layout: Sören Helbing<br />

Illustration: Sören Helbing<br />

Ausgabe: 12/2007<br />

Ausgabe Nr.: 1<br />

Auflagenzahl: 1500<br />

Druck: Druckrei und Verlagsgruppe<br />

mainz GmbH<br />

Süsterfeldstraße 83<br />

52072 Aachen<br />

46 – <strong>relatif</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!